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Pressemitteilung

Stellungnahme von MdEP Prof. Dr. Klaus Buchner zu Junckers Rede zur "Lage der Union"

Buchner: "Friedens- und Wohlstandsprojekt stärken und stabilisieren"

Prof. Dr. Klaus Buchner

(Straßburg/14.09.2016) Prof. Dr. Klaus Buchner, Mitglied des Europäischen Parlaments für die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP): „Heute sprach EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vor dem Europaparlament zur Lage der Europäischen Union. Der konservative Politiker hat dabei einige wichtige Punkte angesprochen, ohne jedoch die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Juncker bedauert zurecht den zunehmenden Populismus und Nationalismus in Europa. Wenn die EU-Kommission die zunehmenden Vorbehalte gegenüber der EU jedoch ernsthaft angehen will, muss die Mitbestimmung der Bürger deutlich verbessert werden. Das kann etwas durch eine Stärkung der Europäischen Bürgerinitiative geschehen. Dass Staaten großen Konzernen bei der Steuervermeidung helfen, wie durch den „Luxleaks“-Skandal enthüllt wurde oder die Vergünstigungen, die Apple in Irland genießt, ist jedoch nicht dazu geeignet, das Vertrauen der Bürger in die Europäische Union zu stärken. Beim Thema Steuergerechtigkeit muss die Kommission endlich die Führungsrolle übernehmen, um Steueroasen weltweit trocken zu legen und Konzerne dazu zu zwingen, dort ihre Steuern abzuführen, wo sie ihre Gewinne erwirtschaften.

Der Verdruss vieler Menschen hängt auch mit dem Vorgehen der EU bei dem Verhandlungen zu den Freihandelsabkommen TTIP und CETA zusammen. Diese finden im Geheimen statt und die Zivilgesellschaft ist ausgeschlossen. Wenn Juncker sagt, dass es keine Nachverhandlungen zu CETA geben soll, ist das ein vollkommen falsches Signal an die europäischen Bürger. Ich hoffe, dass wir diesen Samstag, 17. September, mit den Demonstrationen in den sieben deutschen Städten, ein deutliches Zeichen für mehr europäische Demokratie sowie fairen Welthandel und Umweltschutz setzen können.

Juncker betont zurecht die Wichtigkeit des Europäischen Freiwilligendienstes. Dieser muss zusammen mit dem Studierenden-Austauschprogramm Erasmus verstärkt gefördert werden. Die Vorteile der Europäischen Union müssen den jungen Leuten bewusst gemacht werden.

Nicht behandelt wurden leider die Fluchtursachen, die der Grund für die derzeitigen Flüchtlingsbewegungen sind. Die Überschwemmung der Handelsmärkte im globalen Süden mit europäischen Billigimporten und dazu eine „Entwicklungshilfe“, die eine industrielle Landwirtschaft, basierend auf die Pflanzung von Monokulturen und dem Einsatz von Pestiziden, unverhältnismäßig begünstigt, führt uns vor Augen, dass wir selbst an den Missständen schuldig sind, die diese Menschen zu uns flüchten lassen. Hier ist ein Umdenken dringend geboten.

Positiv sind die Aussagen Junckers zum Thema Klimaschutz, da er die Mitliedstaaten auffordert, den Pariser Klimapakt zügig zu ratifizieren. Auch seine Betonung der Wichtigkeit der sozialen Gerechtigkeit in Europa ist erfreulich.

Regelrecht entsetzt bin ich jedoch von Junckers Vorstoß, bis Jahresende einen europäischen Fonds für Verteidigung einrichten zu wollen. Angesichts der momentanen Krisen sind zusätzliche Ausgaben fürs Militär absolut unangemessen und gegen jede Logik.

Eine EU, geleitet von Eliten allein und durchzogen von der Logik des Neoliberalismus, hat keine Zukunft mehr. Der Mensch steht vor der Wirtschaft und genau dieses Prinzip muss eine reformierte Europäische Union als Grundlage haben. Es ist nun die Aufgabe von allen EU-Bürgern sich an diesem Prozess zu beteiligen. Das Europäische Projekt steht gerade zweifellos vor einer Vielzahl von Herausforderungen von Innen wie auch von Außen. Unser gemeinsames Europa steht auf dem Spiel, aber genau deshalb müssen wir zusammenfinden und das bedeutendste Friedens- und Wohlstandsprojekt unserer Geschichte stärken und stabilisieren.“

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