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Persönlicher Kommentar

Wenn Fisch neben Gemüse wächst: das Kreislaufsystem "Aquaponik"

Konstruktive Lösungen statt destruktiver Kritik - das sollte, vor allem in der Politik, ein viel stärker befolgtes Leitbild sein. Wir als klassische Öko-Partei kritisieren nicht ohne Grund die konventionelle Landwirtschaft, mit ihrem hohem Einsatz von (Kunst-)Dünger, der Umwelt und Artenvielfalt schadet, etc. pp. Heute wollen wir uns stattdessen einem ganz praktischen Lösungsansatz zuwenden, der vielleicht noch nicht serienreif ist, sich aber nach jahrelanger Forschung in der Praxis bereits bewährt hat: Der Fisch- und Gemüseproduktion in Aquaponik-Anlagen.

Woher stammt der Begriff?

Aqua-was? Der Begriff "Aquaponik" ist eine Wortneuschöpfung aus "Aquakultur" und "Hydroponik". Aquakultur bezeichnet die Zucht von Fischen und anderen Wasserlebewesen in kontrollierten "Unterwasser-Farmen". Bei der Hydroponik werden Nutzpflanzen wie etwa Gemüse ohne Erde angebaut: Die Wurzeln stecken lediglich in nährstoff-angereichertem Wasser.

Was ist Aquaponik und wie funktioniert das?

Die Grundidee von Aquaponik verbindet diese beiden Komponenten, Fischzucht und Gemüseanbau, unter einem Dach. Dabei wird das notwendige Wasser doppelt genutzt, erst für die Fischzucht und dann für die Nutzpflanzen. Moderne Aquaponik-Anlagen funktionieren dabei als Kreislauf: Durch die Exkremente der Fische reichert sich das Wasser mit der Zeit mit Stickstoffverbindungen an, wie z.B. Nitrat. Dieses Wasser ist für Pflanzen sehr nährstoffreich - es wird also aus der Fischzucht entnommen und z.B. für Gemüseanbau verwendet. Mit einer sog. "Kühlfalle" wird das Wasser aus der feuchten Gewächshausluft dann wieder kondensiert und kann, auf diese Weise natürlich gefiltert, den Fischen erneut zugeführt werden. (Das ist allerdings energieaufwendig und rentiert sich aus nachhaltigen Gesichtspunkten normalerweise eher in Gegenden mit Wasserknappheit.)

Was sind die Vorteile von Aquaponik für Klima und Umwelt?

Geringerer Wasserverbrauch

Der größte Vorteil der Aquaponik liegt auf der Hand: Wenn Wasser mehrfach verwendet und sogar größtenteils langfristig im Kreislaufsystem gehalten werden kann, sinkt der Wasserverbrauch rapide. Aquaponikfarmen können Nahrungsmittel mit 50 bis 90 % weniger Wasser herstellen.* In Zeiten des Klimawandels, wo Trinkwasser weltweit eine immer knappere Ressource wird, ist dieser Vorteil der Aquaponik besonders wertvoll.

Umweltverträglichkeit

Eine Aquaponik-Anlage sollte so gestaltet sein, dass die Fische einen Großteil der Nährstoffversorgung sicherstellen - im Idealfall die gesamte. Welche Nährstoffe das Wasser aus der Fischzucht enthalten wird, kann mit dem Fischfutter beeinflusst werden und sollte auf die Bedürfnisse der angebauten Pflanzen abgestimmt sein. So wird gleichzeitig (künstlicher) Dünger für die Pflanzen gespart und das Abwasser der Fischzucht auf ein Minimum reduziert - und damit ein Problem gelöst, das normale Aquakulturen ohne Hydroponik-Anteil leider verursachen.

Weniger und flexibler Flächenverbrauch

Aquaponik-Anlagen können theoretisch überall errichtet werden. Sie brauchen wenig Platz, können größer oder kleiner sein, je nach Bedarf und Platz. Durch den geringen Wasserverbrauch eignet sich Aquaponik auch für trockene Regionen. Es sind außerdem keine besonderen Vorbedingungen wie fruchtbarer Boden notwendig, auch auf Industriebrachen etwa ließe sich Aquaponik betreiben. So können z.B. in Stadtgebieten Lebensmittel nahe den Endverbrauchern hergestellt werden, was auch Transportkosten samt CO2 spart. 

Gute Erträge bei geringem Ressourcenverbrauch

Aquaponik-Pflanzen wachsen im Gewächshaus - hier sind die Erträge grundsätzlich um ein Vielfaches höher als bei Anbau auf freiem Land. Da sich die Nährstoffzusammensetzung im Wasser über das Fischfutter genau auf die Nutzpflanzen abstimmen lässt, steigen die Erträge ebenfalls. 

Die Aquaponik-Anlage, die das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) mit dem Projekt "Tomatenfisch" konzipiert hat, kann z.B. mit 100 Litern Wasser ein Kilogramm Fisch und fünf Kilogramm Tomaten erzeugen. In der konventionellen Gemüseerzeugung z.B. in Spanien werden für nur ein Kilogramm Tomaten alleine ca. 180 Liter Wasser verbraucht.*


Ist Aquaponik im großen Stil realistisch?

Noch ist die Aquaponik ein Nischengebiet. Dazu, wie viele Aquaponik-Anlagen es weltweit gibt und wie viel sie produzieren und umsetzen, gibt es noch nicht mal Statistiken. Jedoch wird an vielen Details dieser Form der Nahrungsmittelproduktion geforscht, besonders z.B. an pflanzlichen und trotzdem proteinreichen Futtermitteln für die Fische, um auf Fischmehl und -öl verzichten zu können, das häufig bei konventioneller Fischzucht zum Einsatz kommt und häufig nicht nachhaltig erzeugt wurde. Hemmnisse im Ausbau dieser Form der Nahrungsmittelproduktion liegen v.a. in den Energie- und Anlage- sowie Personalkosten. Auch hier ist noch viel Forschungspotenzial vorhanden.**

Trotzdem können auch jetzt schon und auch in Deutschland Produkte aus Aquaponik-Produktion erworben werden - eine Studie des IGB hat kürzlich ergeben, dass Aquaponik sich auch wirtschaftlich lohnen kann.***


Unser Fazit:

Für die Probleme der Zukunft - wachsende Weltbevölkerung bei steigenden Dürren und Wassermangel, Umweltverschmutzung und Vergiftung von Böden und Gewässern durch intensive Landwirtschaft, … - braucht es vielfältige Lösungsansätze. Es gibt hier kein Allheilmittel. Jedoch sind wir überzeugt: Der ganzheitliche Ansatz der Aquaponik, eine vorbildliche Kreislaufwirtschaft, kann ein wichtiger Teil einer globalen Lösung sein - der jetzt nur mehr Forschung und die richtige politische Förderung braucht.
 

Quellen:

* https://www.landwirtschaft.de/landwirtschaft-verstehen/wie-funktioniert-landwirtschaft-heute/aquaponik-fisch-und-pflanzenzucht-unter-einem-dach

** https://biooekonomie.de/themen/dossiers/5-fakten-zu-aquaponik

*** https://www.transforming-cities.de/kombinierte-fisch-und-gemuesezucht-in-aquaponik-kann-profitabel-sein/ 

Autor/in:
Fenya Kirst
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