Zur Hauptnavigation springenZum Hauptinhalt springen

ÖDP-Konzept und Sofort-Programm für eine sichere und günstige Versorgung mit erneuerbaren Energien

Resolution, beschlossen durch den ÖDP-Bundeshauptausschuss am 19.11.2022

Fossile Energienutzung ist klimaschädlich, unsicher und undemokratisch

Fossile Energienutzung zerstört unsere Landschaften, Umwelt und unser Klima: Die Förderung fossiler Energieträger geht mit großflächigen Landschafts- und Lebensraumzerstörungen einher, sowie dem Eintrag giftiger und radioaktiver Substanzen in die Umwelt. Sie ist die Hauptursache des menschengemachten Klimawandels.

Die Anschläge auf die Gasleitungen Nord Stream 1 und 2 haben deutlich gemacht: Fossile Energie ist keine sichere Energie. Ihre Nutzung erfordert große und kapitalintensive Förder-, Transport- und Verarbeitungsstrukturen, große zentrale Kraftwerke und Übertragungsleitungen. „Solche linearen Infrastrukturen, die sich über Hunderte Kilometer erstrecken, seien ‚unmöglich vollständig zu schützen‘, sagt der Schweizer Energie- und Risikoforscher Peter Burgherr vom Paul Scherrer Institut“. (DIE ZEIT, Nr. 41, 6. Oktober 2022) Bestätigt wird dies durch die Sabotageakte gegen Kommunikationseinrichtungen der Deutschen Bahn am 8. Oktober 2022 und die Zerstörung ukrainischer Energieversorgungsstruktur durch Drohnenangriffe im Herbst 2022. Diese Gefährdung zentraler Infrastrukturen erfordert eine zügige und klare Antwort, aber keine unüberlegten Schnellreaktionen.

Fossile Energie ist keine Friedensenergie und fördert nicht den Aufbau und die Stärkung demokratischer Strukturen und sozialer Teilhabe: Große kapitalintensive Infrastrukturen begünstigen zentrale Machtstrukturen. Sie führt zu einem höheren Anteil leistungslosen Einkommens in Form von Kapitalzinsen für wenige und zu mehr gesellschaftlicher Ungleichheit. Das verhindert, dass „psychologische Bedingungen entstehen, die jenes Maß an sozialem Vertrauen aufbauen, das für den Wandel in Richtung Nachhaltigkeit erforderlich ist“. (Dixson-Declève, et al., 2022)

Die Konzentration der Förderung fossiler Energie auf wenige Länder mit oft autoritären Regierungen ebnet zudem den Weg für Menschenrechtsverletzungen, internationale Spannungen und militärische Konflikte.

Dezentral genutzte erneuerbare Energien sind sauber und sicher

Im Vergleich damit ist die Nutzung erneuerbarer Energien mit sehr geringen Eingriffen in Landschaften und Lebensräume, und mit dezentralen und kleinteiligen Versorgungsstrukturen möglich. Sie führt zu größerer Unabhängigkeit einzelner Länder und Regionen, weniger Ressourcenkonkurrenz und internationalen Spannungen. Sie ist klimafreundlich und kann auf etwa 6 % der Landesfläche Deutschlands in Einklang mit Anwohner-, Arten-, Natur- und Landschaftsschutz gestaltet werden. (Pape, Thylmann, Peters, Hink, & Geiger, 2022)

Unter erneuerbaren Energien versteht die ÖDP nur solche, die beständig verfügbar sind oder sich durch natürliche Zyklen wie Pflanzenwachstum innerhalb kurzer Zeit vollständig regenerieren. Kernkraft, fossile Brennstoffe, eingeschlossen Erdgas, sowie nicht nachhaltig gewonnene Biomasse, Torf und nicht recyclebare Abfall- und Reststoffe, die aus fossilen Energieträgern hergestellt wurden, sind keine erneuerbaren Energien.

Dezentrale erneuerbare Energieversorgung ist besser gegen Unterbrechungen von Lieferketten, Naturkatastrophen, Sabotageakte und militärische Angriffe geschützt, da Ausfälle besser räumlich eingegrenzt werden können. Sie benötigt keine militärische Absicherung. Wird der Aufwand für einen Saboteur oder militärischen Aggressor, die Energieversorgung für eine große Zahl an Menschen zu unterbrechen, durch Dezentralisierung zu hoch, lohnen sich Sabotageaktionen und militärische Angriffe für ihn nicht mehr. Dezentralität schützt!

Kernenergie ist keine Alternative. Ihre Nutzung ist zu gefährlich und zu teuer. Ein militärischer Angriff oder eine schwere Sabotageaktion gegen ein Kernkraftwerk kann eine ganze Region langfristig unbewohnbar machen. Die Förderung von Uran führt zu schweren Umwelt- und Landschaftszerstörungen. Der Betrieb von Kernkraftwerken produziert langlebige radioaktive Abfälle, deren Endlagerung nicht geklärt ist. Teilweise werden radioaktive Stoffe auch im Normalbetrieb an die Umwelt abgegeben. Die Bauzeit neuer Kernkraftwerke ist zu lang und ihr Beitrag käme für den Klimaschutz zu spät. Dies gilt erst recht für die Kernfusion. Bislang liefert kein einziger Fusionsreaktor Energie. Kernkraftwerke jeder Art würden zentrale Versorgungsstrukturen zementieren. Sie wären anfällig für Sabotage und militärische Angriffe und nur im Interesse weniger, die sich von ihnen Macht und hohe Gewinne zu Lasten des Gemeinwohls erhoffen.

Dezentral genutzte erneuerbare Energien sind günstig

Die hohen Kosten von erneuerbaren Energien und Speichertechnologien sind Vergangenheit. Seit dem Jahr 2000 sind die Kosten rasant zurück gegangen, insbesondere bei Photovoltaikanlagen und Batteriespeichern. Seit Anfang der 2010er Jahre ist eine 100 Prozent erneuerbare Energieversorgung kostengünstiger als eine fossile. Der schnelle Umstieg war und ist jedoch nicht im Interesse derer, die mit fossiler Energie Geld verdienen. Er wurde gezielt und massiv ausgebremst, im Namen der „Wirtschaftlichkeit“, zum kurzfristigen Vorteil weniger und zu Lasten vieler, vor allem der kommenden Generationen. Es ist allerhöchste Zeit, dass die Möglichkeit der günstigen Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen allen Menschen unseres Landes zugutekommt, ganz besonders denjenigen, die nur über begrenzte finanzielle Spielräume verfügen.

Das ÖDP-Konzept für eine sichere und günstige Energieversorgung

Das Ziel der ÖDP ist ein vollständiger Umstieg auf erneuerbare Energien im Einklang mit Anwohner-, Arten-, Natur- und Landschaftsschutz bis 2030. Dazu sollen dezentrale, sichere und weitgehend importunabhängige Versorgungsstrukturen überwiegend im Besitz von Bürgerinnen und Bürgern geschaffen werden.

Weniger ist mehr! Es geht nicht nur um den Ersatz fossiler und nuklearer Energien durch erneuerbare. Die ÖDP möchte gutes Leben für viele mit weniger Einsatz von Energie ermöglichen. Durch eine bessere räumliche Verbindung von Arbeiten, Nahversorgung, Freizeit und Wohnen über kurze Wege; durch eine umfassende Mobilitätswende mit einem Vorrang für Fuß- und Radverkehr, sowie öffentlichen Verkehr; durch sich ändernden Bedürfnissen anpassbare Wohnangebote mit einem hohen Anteil gemeinschaftlich genutzter Räume; durch gemeinschaftliche Nutzung, Verleih und Tausch von Fahrzeugen, Werkzeug u.a.; durch reparaturfreundliche, langlebige und bevorzugt aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellte Produkte; durch einen intelligenten Mix verschiedener erneuerbarer Energien und durch gemeinschaftliche Energiekonzepte auf Quartierebene wird erreicht, dass wesentlich weniger Energie als heute benötigt wird, für deren Bereitstellung weniger Ressourcen notwendig sind und weniger Flächen in Anspruch genommen werden.

Um eine günstige und sichere Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen allen Bürgerinnen und Bürgern zugänglich zu machen, sind Quartierenergiekonzepte, Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften und lokale Handelsplattformen für Energie durch einen geeigneten gesetzlichen Rahmen, günstige Kredite und Absicherung von Investitionsrisiken zu fördern. Dies muss ergänzt werden durch Handlungsleitfäden, insbesondere für Kommunen, und personelle wie finanzielle Unterstützung bei der Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern, dem Aufbau gemeinschaftlicher Organisationsformen und der Entwicklung von Versorgungskonzepten. Es muss flankiert werden durch eine stark progressive Belastung des Energieverbrauchs mit Steuern und Abgaben, sowie Beratung zu und finanzielle Unterstützung von Energiesparmaßnahmen, insbesondere für einkommensschwache Haushalte. (Deutsche Energie-Agentur (Hrsg.), 2022) (Wiesenthal, Aretz, Ouanes, & Petrick, 2022)

Ausbau der Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen und Speichertechnologien für eine flächendeckend sichere Versorgung

  • Der Schwerpunkt der Energieerzeugung wird auf die Nutzung der Photovoltaik und der Windkraft gelegt, da diese konkurrenzlos günstig und flächeneffizient sind. Sie sind beschleunigt auszubauen. Das schließt andere Quellen erneuerbarer Energie nicht aus, die ihrem lokalen Potenzial entsprechend genutzt werden sollen.
     
  • In allen Fällen ist ein angemessener Anwohner-, Arten-, Natur- und Landschaftsschutz zu beachten. Hierfür sind bundeseinheitliche Richtlinien aufzustellen. Im Außenbereich sollen mit diesen Richtlinien Vorranggebiete für die Nutzung erneuerbarer Energien festgelegt werden.
     
  • 2 % der Landesfläche Deutschlands werden für die Nutzung der Windkraft ausgewiesen. Pauschale Mindestabstände zwischen Windkraftanlagen und Siedlungen dürfen nicht größer als 600 m sein.
     
  • 1 % der Landesfläche Deutschlands werden für die Kombination von Freiflächen-Photovoltaikanlagen mit Biotopen zum Schutz der Artenvielfalt ausgewiesen. Die ortsansässige Bevölkerung wird an den Erträgen der Windkraft- und Freiflächen-Photovoltaikanlagen angemessen beteiligt.
     
  • 1 % der Landesfläche Deutschlands werden für die Kombination von ggf. hinreichend hoch aufgeständerten Photovoltaikanlagen mit landwirtschaftlicher Nutzung ausgewiesen (Agriphotovoltaik).
     
  • Der Bau von Photovoltaik- und Solarthermieanlagen auf Dächern und Fassaden wird durch Bau- und Betriebspflichten auf öffentlichen, Industrie-, Gewerbe- und Wohnbauten beschleunigt.
     
  • Der Ausbau der Nutzung der Geothermie zur Strom- und Wärmegewinnung wird beschleunigt und an geeigneten Standorten mit der Gewinnung von Rohstoffen aus dem Tiefenwasser gekoppelt (etwa Gewinnung von Lithium im Oberrheingraben). Damit wird als Nebeneffekt der Nutzung der Geothermie minimalinvasiver Bergbau betrieben, der Eingriffe in die Natur an anderen Stellen reduziert. Das Risiko von Fehlbohrungen bei der Nutzung der Geothermie wird vom Bund getragen, sofern es durch Voruntersuchungen hinreichend eingegrenzt wurde.
     
  • Die energetische Nutzung von Biomasse wird grundsätzlich auf Rest- und Abfallstoffe begrenzt, die weder als Lebens- oder Futtermittel, noch als Rohmaterialien verwendet werden können. Bestehende Biogasanlagen werden, sofern noch nicht erfolgt, zu hochflexiblen Erzeugungsanlagen zum Ausgleich der fluktuierenden Stromerzeugung von Photovoltaik- und Windkraftanlagen umgebaut. Holzfeuerungen werden ausnahmslos mit hocheffizienter Filtertechnik ausgestattet.
     
  • Die Nutzung der Wasserkraft wird ausschließlich unter umfassender Berücksichtigung von Anwohner-, Arten-, Natur- und Landschaftsschutz weiter zugelassen.
     
  • Batterien in E-Fahrzeugen werden über bidirektionales Laden als mobile Kurzzeitenergiespeicher genutzt. Ausgediente E-Fahrzeugbatterien mit hinreichender Restkapazität werden als stationäre Energiespeicher weiterverwendet. Die Sektoren Strom, Wärme, Mobilität und Grundstoffproduktion werden gekoppelt:
     
    • Strom mit Wärme mittels Wärmepumpen,
       
    • Strom mit Mobilität durch eine weitgehende Elektrifizierung des Mobilitätssektors und
       
    • Strom mit der Grundstoffproduktion durch die Herstellung von grünem Wasserstoff und synthetischen Folgeprodukten (Methan, Ammoniak, Kerosin, Diesel, Wachse u. a.).
       
  • Durch diese Sektorenkopplung entstehen Energiespeicher in Form von Batterien, Wärmespeichern und chemischen Grundstoffen, mit denen die fluktuierende und im Tages- und Jahresverlauf schwankende Stromerzeugung aus Photovoltaik- und Windkraftanlagen an den Bedarf angepasst werden kann. Die chemischen Grundstoffe grüner Wasserstoff und grünes Methan sind primär stofflich zu nutzen, können aber auch in länger dauernden Zeiten niedriger erneuerbarer Stromerzeugung in Gasturbinen wieder verstromt oder in BHKW zur Bereitstellung von Strom und Wärme genutzt werden.
     
  • Die bestehende Erdgasinfrastruktur wird für die Langzeitspeicherung von Energie in Form von grünem Wasserstoff und grünem Methan umgebaut und nur noch im erforderlichen Umfang aufrechterhalten.
     
  • Die Bundesländer werden bei der Auflegung von Programmen zur beschleunigten Ausbildung und Umschulung von Fachkräften für erneuerbare Energien und klimafreundliches (Um)Bauen und Sanieren unterstützt.

Konsequenter Ausstieg aus der sabotageanfälligen Nutzung fossiler Energien

  • Der Braunkohleabbau wird sofort beendet. Der Kohleausstieg erfolgt deutlich vor 2030.
     
  • Der Einbau von Ölheizungen wird sofort verboten, der von Erdgasheizungen grundsätzlich ab 2025. Zugelassen sind neue Gasheizungen nur dann, wenn kein Einbau einer Wärmepumpe oder ein Anschluss an ein Wärmenetz möglich ist. In diesen Fällen muss nachgewiesen werden, dass die neue Gasheizung mit Gas aus erneuerbaren Quellen (Biogas, grüner Wasserstoff oder grünes Methan) betrieben wird. Es wird ein Programm zum Tausch von Öl- und Gasheizungen gegen Wärmepumpen, feinstaubarme Holzheizungen und Solarthermieanlagen, insbesondere im Rahmen von Quartierversorgungskonzepten, aufgelegt.
     
  • Der Bau jeglicher Infrastruktur zur weiteren Nutzung fossiler Energieträger wie Flüssiggasterminals unterbleibt.
     
  • Der Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energie in allen Bereichen wird durch eine Steuerreform für Arbeit und Umwelt beschleunigt.

Konsequenter Ausstieg aus der hochriskanten Nutzung der Kernenergie

  • Außenpolitisches Ziel wird der weltweite Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie. Der Euratom-Vertrag wird sofort gekündigt. Eine Haftpflichtversicherung, die auch die Kosten einer möglichen Reaktorkatastrophe abdeckt, und eine angemessene Kernbrennelementesteuer werden auf EU-Ebene eingefordert.
     
  • Alle Kernkraftwerke in Deutschland werden wie vorgesehen abgeschaltet und die deutschen Stromkonzerne zur Kündigung beziehungsweise zum Auslaufen-Lassen der Bezugsverträge für Atomstrom aus anderen Ländern verpflichtet.
     
  • Der Betrieb aller sonstigen Infrastruktur zur Nutzung und Erforschung der Kernenergie ist ebenfalls einzustellen und ein Rückbau einzuleiten. Dazu gehören die Urananreicherungsanlage in Gronau, die Brennelementfertigungsanlage in Lingen und die Forschungsreaktoren in Garching bei München und in Mainz.
     
  • Es erfolgt eine strikte Kontrolle der Atommülltransporte auf Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte. Die Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente aus deutschen Atomkraftwerken in anderen Ländern, eingeschlossen Mitgliedsstaaten der EU, wird verboten.
     
  • Das Gesetz zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung vom 27. Januar 2017, darf nur abgeändert oder ergänzt werden, sofern dies der Erhöhung der Sicherheit dient. Insbesondere dürfen die Kernkraftwerksbetreiber nicht wieder aus der Verantwortung für die gesamte Abwicklung und Finanzierung der Bereiche Stilllegung, Rückbau und fachgerechte Verpackung der radioaktiven Abfälle entlassen werden.
     
  • Die bisherigen Standortzwischenlager, die keinerlei Schutzfunktion haben, werden durch wenige Hochsicherheits-Zwischenlager ersetzt, die auch gegen Terrorangriffe und Flugzeugabstürze gesichert sind.
     
  • Es erfolgt eine ergebnisoffene Standortwahl für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle ausschließlich nach wissenschaftlichen Kriterien.
     
  • Der Export von Komponenten für Kernkraftwerke wird verboten. Stattdessen werden weltweit Länder beim Ausstieg aus der Kernenergienutzung und bei der Umstellung auf erneuerbare Energien unterstützt.
     
  • Jegliche deutsche Beteiligung an der Entwicklung neuer Kernreaktoren und an der Kernfusion als Energiequelle wird beendet.

Günstige erneuerbare Energie für Bürgerinnen und Bürger

  • Bürgerinnen und Bürger werden in die Gestaltung der Energieversorgung vor Ort eingebunden und allen Einkommensschichten der Zugang zu und der sparsame Umgang mit günstiger erneuerbarer Energie ermöglicht.
     
  • Die Gründung und der Aufbau von Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften und Bürgerenergiegemeinschaften gemäß den EU-Richtlinien zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen vom 11. Dezember 2018 und zum Elektrizitätsbinnenmarkt vom 14. Juni 2019 wird durch einfache und unbürokratische Genehmigungsprozesse, Beratung, Anschubfinanzierung, günstige Kredite und die Übernahme von Ausfallbürgschaften für Investitionen unterstützt. Der Umfang der Förderung bemisst sich danach, inwieweit solche Energiegemeinschaften dem Gemeinwohl dienen, etwa durch Einbindung einkommensschwacher Personen ohne eigenes Vermögen.
     
  • Kommunen werden bei der Erstellung von Konzepten für 100 Prozent erneuerbare Energieversorgung und nachhaltige Mobilität unter umfassender Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern personell und finanziell unterstützt.
     
  • Die Wärmeversorgung wird weitgehend auf Quartierebene mit Wärmenetzen und Energiespeichern sichergestellt. Als Wärmequellen dienen die Tiefengeothermie, große Wärmepumpen, Solarthermie und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die ausschließlich erneuerbare Energieträger nutzen. Als Energiespeicher dienen Batterien und Wärmespeicher auf Quartierebene. Vorhandene Erdgasspeicher werden zur Speicherung von grünem Wasserstoff und grünem Methan weitergenutzt, um jederzeit eine Energiereserve zu haben.
     
  • Durch die Unterstützung des Aufbaus lokaler Handelsplattformen wird Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, in einfacher Weise Strom aus erneuerbaren Energien selbst zu erzeugen, zu speichern und vor Ort zu nutzen, so dass der Bedarf an vorgelagerten Stromnetzen begrenzt wird.
     
  • Sozialtransfers und Hilfsprogramme werden an steigende Energiepreise angepasst, ohne den Energieverbrauch durch preisbasierte Subventionierungen zu fördern.
     
  • Falls im Rahmen einer sozialen Hilfemaßnahme Wohnungen mit Elektrogeräten ausgestattet werden, ist auf Energieeffizienz und auf die gesamten Kosten während der Lebensdauer der Geräte zu achten.

Ein gesetzlicher Rahmen für eine wirkliche Energiewende

  • Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften und Bürgerenergiegemeinschaften werden als zentrale Organisationsformen der Energieversorgung im Energiewirtschaftsgesetz verankert. Dabei werden die durch die EU-Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen vom 11. Dezember 2018 für Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften und die EU-Richtlinie zum Elektrizitätsbinnenmarkt vom 14. Juni 2019 für Bürgerenergiegemeinschaften geschaffenen Möglichkeiten maximal ausgeschöpft.
     
  • Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften und Bürgerenergiegemeinschaften werden von Steuern und Abgaben, ausgenommen Netznutzungsentgelten, befreit, bis in Deutschland mindestens 80 % der Versorgung mit Strom, Wärme und Mobilität und chemischen Grundstoffen aus erneuerbaren Energien erreicht sind und mindestens 80 % der stofflich für die Produktion chemischer Grundstoffe verwendeten fossilen Energieträger durch grünen Wasserstoff ersetzt wurden.
     
  • Netznutzungsentgelte werden an die realen Kosten des tatsächlich genutzten Netzes angepasst. Sie sollen sich in erster Linie nach der maximal benötigten Leistung bemessen.
     
  • Energiespeicher werden als eigene Kategorie im Energiewirtschaftsgesetz verankert und von ungerechtfertigten Doppelabgaben für Erzeuger und Verbraucher entlastet.
     
  • Es wird ein Marktdesign für den Strommarkt geschaffen, das Anreize für die beteiligten Marktakteure, Erzeuger, Verbraucher und Betreiber von Energiespeichern schafft, sich so zu verhalten, dass insgesamt die Nutzung erneuerbarer Energien optimiert und die Kosten von deren Nutzung minimiert werden. Dazu gehören z. B. zeitvariable Netznutzungsentgelte.
     
  • Als Teil des Marktdesigns werden lokale Handelsplattformen ermöglicht, auf denen Bürgerinnen und Bürger einfach und unbürokratisch mit lokal erzeugter Energie, Speicherkapazitäten und zeitlichen Verschiebungen des Energieverbrauchs handeln können. Dabei ist die Gesamtsituation der lokalen Energieversorgung für alle transparent darzustellen, persönliche Daten aber zu schützen.
     
  • Bis in Deutschland mindestens 80 % der Versorgung mit Strom, Wärme und Mobilität und chemischen Grundstoffen aus erneuerbaren Energien erreicht sind und mindestens 80 % der stofflich für die Produktion chemischer Grundstoffe verwendeten fossilen Energieträger durch grünen Wasserstoff ersetzt wurden, werden Netzbetreiber weiterhin verpflichtet, Strom aus erneuerbaren Quellen abzunehmen und zu vergüten. Die Vergütung sollte so bemessen sein, dass ein kostendeckender Betrieb möglich ist. Zugleich werden Anreize geschaffen, den erzeugten Strom selbst zu verbrauchen oder über eine Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft, eine Bürgerenergiegemeinschaft, eine lokale Handelsplattform oder überregional anzubieten.
     
  • Die generelle Verpflichtung zur Messung von Energieflüssen entfällt, um Energiekonzepte mit dem geringsten gerade noch für eine sichere und zuverlässige Energieversorgung notwendigen Messaufwand zu ermöglichen. Das spart Ressourcen und Kosten, und erlaubt einen besseren Datenschutz. Wo immer möglich soll die Datenübertragung kabelgebunden erfolgen, um einer Erhöhung der Mobilfunk-Strahlenbelastung entgegenzuwirken.

Das Sofort-Programm der ÖDP zur Sicherung einer günstigen Grundversorgung mit Energie

Zur Abwendung großer Risiken für die Energieversorgung und zur sozialen Abfederung der Verwerfungen auf den Energiemärkten fordert die ÖDP ein Sofort-Programm zur Energieeinsparung und zur Sicherung einer günstigen Grundversorgung mit Energie für alle Einkommensschichten. Dieses zieht einige Maßnahmen aus dem ÖDP-Programm für eine 100 Prozent erneuerbare Energieversorgung vor, konkretisiert sie punktuell und ergänzt sie durch Maßnahmen zur Finanzierung.

  • Flexibel versetzbare Energiespeicher zur Netzstabilisierung an kritischen Punkten im elektrischen Netz und zur Notstromversorgung systemrelevanter Einrichtungen.
     
  • Abwrackprämie für alte und energieineffiziente Haushaltsgeräte, insbesondere Kühlschränke.
     
  • Günstige Pauschaltickets für Bahn und ÖPNV, insbesondere für Personen mit geringem Einkommen.
     
  • Förderung von On-Demand-Mobilitätsangeboten (Ruftaxis, Mitfahrgelegenheiten, etc.), die einfach über Telefon, Apps oder eine Website gebucht werden können, insbesondere für den ländlichen Raum.
     
  • Reform der Tempolimits: 120 km/h auf Autobahnen, 80 km/h außerorts und 30 km/h innerorts mit Ausnahme geeigneter Hauptstraßen.
     
  • Stark progressive Ausgestaltung der Kraftfahrzeugsteuer nach Fahrzeuggröße, Emissionen und Ressourcenverbrauch.
     
  • Abschaffung aller direkten und indirekten Subventionen fossiler Energienutzung wie etwa des Dienstwagenprivilegs.
     
  • Abschöpfung von Übergewinnen, die durch Verwerfungen am Energiemarkt entstehen.
     
  • Förderung der Umwandlung von Privateigentum in genossenschaftliches Eigentum in den Bereichen Wohnen und Energieversorgung.

Quellenangaben

            Bittner, J., Bota, A., Lau, J., Malcher, I., Middelhoff, P., & Widmann, M. (6. Oktober 2022). Wie verwundbar sind wir? Die Zeit Nr. 41 vom 6. Oktober 2022

            Deutsche Energie-Agentur (Hrsg.). (2022). Modellierung sektorintegrierter Energieversorgung im Quartier - Untersuchung der Vorteile der Optimierung von Energiesystemen auf Quartiersebene gegenüber der Optimierung auf Gebäudeebene.  https://www.dena.de/newsroom/publikationsdetailansicht/pub/studie-modellierung-sektorintegrierter-energieversorgung-im-quartier/

            Dixson-Declève, S., Gaffney, O., Ghosh, J., Randers, J., Rockström, J., & Stoknes, P. (2022). Earth for All - Ein Survivalguide für unseren Planeten. Der neue Bericht an den Club of Rome, 50 Jahre nach "Die Grenzen des Wachstums". München: oekom.

            Pape, C., Thylmann, M., Peters, W., Hink, C., & Geiger, D. (15. Mai 2022). Ergebnisse der BWE-Studie "Flächenpotenziale der Windenergie an Land 2022". https://www.iee.fraunhofer.de/de/presse-infothek/Presse-Medien/2022/flaechenpotenziale_windenergie_an_land.html

            Wiesenthal, J., Aretz, A., Ouanes, N., & Petrick, K. (2022). Energy Sharing: Eine Potenzialanalyse. Berlin. https://www.ioew.de/publikation/energy_sharing_eine_potenzialanalyse