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Persönlicher Kommentar

Ist Bio wirklich besser? Über Bio-Landwirtschaft und ihre Vorteile für Mensch, Tier und Umwelt

Bio oder konventionell? - eh alles die gleiche Gurke. Stimmt das? Mitnichten. "Bio" ist in der EU für Lebensmittel ein geschütztes Siegel, das nicht jeder auf sein Produkt drucken darf. Aber wie sinnvoll sind eigentlich Bio-Lebensmittel oder ist das alles doch nur Geldmacherei?

 

Was bedeutet Bio?

Biologischer Anbau legt Wert auf besonders natürliche Produktion und Verarbeitung von Lebensmitteln. Bio-Landwirte achten z.B. darauf, die Bodenfruchtbarkeit zu bewahren bzw. zu verbessern und Nutztiere artgerecht zu halten. Sie verzichten dabei u.a. auf den Einsatz von Antibiotika, weitgehend auf Pestizide, Insektenschutzmittel und Kunstdünger.

In Deutschland bzw. der EU ist "Bio" ein geschützter Begriff, jedenfalls für Lebensmittel. Das gleiche gilt für "Öko" bzw. "ökologisch" - es gibt, wie für so vieles, eine EU-Richtlinie, die genau regelt, wann ein Betrieb seine Produkte nach Antrag mit dem EU-Biosiegel versehen darf und wann nicht. Neben dem EU-Bio-Siegel gibt es auch ein deutsches Bio-Siegel, das aber auf der EU-Gesetzgebung basiert und keine weiteren eigenen Auflagen hat. [1]  Andere Bio-Siegel wie "Demeter", "Naturland" oder "Bioland" halten dagegen noch höhere Standards ein.

Die Bio-Richtlinien der EU schreiben strenge Regeln für Produktion wie Verarbeitung von allen Arten von Lebensmitteln vor, für Obst, Getreide und Gemüse genauso wie Fleisch und Milchprodukte. Welche Dünge- und Futter- bzw. Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden dürfen, ist genau definiert, ebenso Zusatzstoffe in verarbeiteten Lebensmitteln. Auch die Zahl der Quadratmeter pro Tier im Stall ist genau festgeschrieben. Die Einhaltung dieser Richtlinien wird kontrolliert.

Bei Lebensmitteln mit Bio-Siegel kann also zuverlässig davon ausgegangen werden, dass dort, wo Bio draufsteht, auch Bio drin ist. Vorsicht ist jedoch geboten bei schwammigeren Umschreibungen: "kontrollierter Anbau" beispielsweise ist nicht dasselbe wie "kontrolliert biologischer Anbau" - letztere Beschreibung ist geschützt, erstere nicht. Auch "naturnah" oder "umweltschonend" sind keine geschützten Begriffe. Außerdem ist der Bio-Begriff nur im Lebensmittelbereich geregelt, nicht z.B. bei anderen Haushaltsgegenständen wie Putzmitteln.

 

Die Vorteile von Bio-Lebensmitteln

Warum ist Bio besser für unsere Gesundheit?

Grundsätzlich enthalten Bio-Lebensmittel nicht mehr Vitamine und Nährstoffe als konventionell hergestellte Produkte. Trotzdem ist Bio besser für unsere Gesundheit, vor allem wegen der geringeren Pestizidbelastung. Ja, auch für konventionelles Gemüse gibt es Höchstwerte, die jedoch werden regelmäßig überschritten. Außerdem gelten die Vorschriften nur für jeweils einzelne Stoffe, ein Produkt kann aber mit vielen verschiedenen Stoffen "gespritzt" sein, die jeweils vielleicht unter der gesetzlichen Grenze liegen, dennoch in ihrer Summe einen ganz schönen Pestizid-Cocktail ergeben. Dass Pestizide auch für Menschen schädlich sind, liegt auf der Hand (es sind schließlich z.B. Insektenvernichtungsmittel!) und ist mittlerweile unumstritten. Trotzdem fehlt hier noch ausreichende Forschung. [2]

Warum ist Bio besser für die Artenvielfalt?

Wo Bio angebaut wird, wird auch mehr auf die Artenvielfalt geachtet. Dass 76 % (!) der Insekten in Deutschland bereits verschwunden sind, ist bekannt [3]; die ÖDP-Europaabgeordnete Manuela Ripa hat deshalb nach dem erfolgreichen bayerischen Volksbegehren zum Artenschutz auch in der EU weitere 1,2 Millionen Unterschriften gesammelt und mittelerweile auch der EU-Kommission vorgelegt. Neben den Insekten sind aber auch andere heimische, früher verbreitete Tierarten wie der Feldhamster bedroht. Sie finden auf riesigen konventionell bebauten Flächen weder Lebensraum noch Nahrung - sie brauchen Blühstreifen, Unkraut, verholzte alte Wälder, kurz: Ein bisschen Unordnung. Natürlich fühlen sie sich auch dort wohler, wo nicht mit Pestiziden und Kunstdüngern um sich gespritzt wird, das ist klar. Auf Bio-Äckern leben z.B. bis zu 40% mehr Regenwürmer. Die sind wichtig für einen lockeren, gesunden und fruchtbaren Boden. [4]

Warum ist Bio besser fürs Klima?

Böden speichern CO2. Je länger sie jedoch intensiv genutzt werden, desto mehr CO2 setzen sie wieder frei und desto weniger können sie langfristig binden. Bei ökologischer Landnutzug wird besonders auf den Humusaufbau der Böden geachtet, z.B. durch abwechselnden Anbau verschiedener Pflanzen, die den Humusaufbau fördern und ihn somit als CO2-Speicher nachhaltig erhalten. Bei Bio-Landbau wird auch auf synthetischen Dünger verzichtet, der oft aus Erdöl besteht und bei der Ausbringung Lachgas freisetzt, ein Gas, das 300-mal schädlicher ist fürs Klima als CO2. Der Verzicht auf Kunstdünger ist auch primär die wichtigste Ursache dafür, dass ökologische Betriebe bis zu 40% weniger Energie verbrauchen als konventionelle. [5]

Dabei muss jedoch bedacht werden: Bio-Betriebe erwirtschaften auch weniger Ertrag als Nicht-Bio-Betriebe.

 

Gibt es Nachteile von Bio?

Bei Bio-Anbau wird mehr Fläche benötigt für denselben Ertrag. Das kann zu mehr Rodung von Wäldern und weiträumigerer Trockenlegung von Sümpfen und Mooren führen. Global ist das Thema "Platz" für den Lebensmittelanbau natürlich ein großes Problem: Dürren, die der Klimawandel verstärkt, sorgen schon jetzt für Lebensmittelknappheit. Auch die global vernetzten Märkte sind störungsanfällig, wie wir gerade an der Ukraine sehen, und können für Hunger z.B. in afrikanischen Ländern sorgen.

Kein Bio ist hier aber trotzdem nicht die Lösung. Vielmehr müssen wir global die Nutzung der bereits bestehenden landwirtschaftlichen Flächen überdenken: In Deutschland z.B. wird zurzeit über die Hälfte des angebauten Getreides als Tierfutter verwendet [6], global landet ein Drittel aller Lebensmittel im Müll [7]. Wissenschaftler haben bereits gezeigt, dass die Welt auch mit einer 9 Milliarden-Bevölkerung (geschätzt für das Jahr 2050) komplett mit Bio-Landbau ernährt werden könnte, würden wir nur Konsumverhalten und Produktionsverhalten in großem Stil umbauen. [8]

 

Quellen:

[1] www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/OekolandbauDeutschland.pdf (S. 23)

[2] www.bund.net/umweltgifte/gefahren-fuer-die-gesundheit/

www.bund.net/umweltgifte/gefahren-fuer-die-gesundheit/verbraucherinnen/

[3] www.br.de/rote-liste/insekten-insektensterben-insektenschwund-bienen-schmetterlinge-grillen-kaefer-100.html

[4] www.bioland.de/artenvielfalt

[5] www.oekolandbau.de/landwirtschaft/umwelt/klima/klimaschutz-und-landwirtschaft/

[6] www.mdr.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/schweinefleisch-getreide-tierfutter-brot-100.html

[7] www.welthungerhilfe.de/lebensmittelverschwendung/

[8] www.geo.de/natur/nachhaltigkeit/18213-rtkl-oekologische-landwirtschaft-bio-fuer-alle-so-einfach-liesse-sich-die

Autor/in:
Fenya Kirst
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