Persönlicher Kommentar
Was wird wenn - das Gletscherschmelzwasser ausbleibt
Persönlicher Kommentar zur Bedeutung der Gletscher
Foto: ÖDP
Der Rückgang der Gletscher - gerade im Alpenraum - schreitet durch den Klimawandel rapide voran. Entscheidend für das Fortbestehen eines Gletschers ist seine sogenannte Massenbilanz. Dies ist die Differenz von "Akkumulation", also Zuführung von Gletschermasse und „Ablation“, also Schmelze und Abbruch von Lawinen.
Die Gletschermasse geht seit dem 19. Jahrhundert massiv zurück. 1970 gab es im Alpenraum 5.150 Gletscher mit einer Ausdehnung von 2903 Quadratkilometer. Dabei waren zu diesem Zeitpunkt bereits ca. 35% der Gletscherfläche verloren. Um die Jahrtausendwende waren nur noch 50 % der ursprünglichen Gletscherfläche vorhanden. Seither geht die Gletscherfläche pro Jahr ca. 1.8 % zurück. Es ist eine Frage der Zeit, wann der Klimawandel zum Verschwinden der Gletscher geführt hat.
Und was sind die Folgen?
Wenn das Schmelzwasser der Gletscher stark zurückgeht oder gar ausbleibt, hat dies tiefgreifende Auswirkungen auf die Wasserverfügbarkeit, die Umwelt und die Gesellschaft.
Im Frühjahr und im Frühsommer führt der Rhein beispielsweise ca. 50 % Gletscherschmelzwasser. Die Gletscher wirken hier wie ein natürlicher Wasserspeicher, besonders in Trockenzeiten. Fällt dieser Wasserspeicher weg, führen die Flüsse bei Trockenheit deutlich weniger Wasser. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die Wasserversorgung, sondern auch auf den Gütertransport. Immerhin werden jährlich ca. 180 Millionen Tonnen Güter auf unseren Wasserwegen transportiert. Die Binnenschifffahrt ist die ökologisch günstigste Transportart. Diese würde dann zumindest zeitweise stark eingeschränkt.
Die Reduktion des Schmelzwassers bringt auch die Trinkwasserversorgung unter Druck. Millionen Menschen sind vom Schmelzwasser in ihrer Trinkwasserversorgung abhängig. Es ist ein Verteilungskampf zwischen Landwirtschaft, Haushalten und Industrie absehbar.
Insgesamt wird vor allem die Landwirtschaft unter dem Wegfall der bisherigen Schmelzwassermengen erheblich leiden. Ernteausfälle und erhöhte Lebensmittelpreise wären die Folge.
Auch die Stromerzeugung wäre von einem Schmelzwasser-Ausfall betroffen, und ist dies vom Schmelzwasserrückgang bereits. Dabei sind von der Wassermenge der Flüsse nicht nur die Wasserkraftwerke abhängig. Auch Atomkraftwerke, die dieses Wasser zur Kühlung verwenden, wären stark eingeschränkt bzw. sind das teilweise bereits.
Der Wegfall der Schmelzwasser hätte dramatische Auswirkungen auf die Ökosysteme. Flüsse, die von Gletschern gespeist werden, sind Lebensräume für viele Tiere und Pflanzen, die an kaltes und sauerstoffreiches Wasser angepasst sind. Dies kann zu erheblichen Störungen des ökologischen Gleichgewichts und zur Beschleunigung des Artensterbens führen.
Der Wegfall der üblichen Menge an Schmelzwasser wird auch zwangsläufig zu schwankenden Wassermengen führen. Die Niederschlagsmenge, die durch den Klimawandel zunimmt, wird nicht mehr durch die Gletschern gespeichert und zeitlich verzögert abgegeben. Kurzfristige Überflutungen und langfristige Verknappung werden sich abwechseln.
Das Ausbleiben des Gletscherschmelzwassers führt zu einer Verschärfung der Wasserkrise in Deutschland - wie auch weltweit.
Das Abschmelzen der Gletscher durch den Klimawandel ist weder kurz- noch mittelfristig abwendbar. Hier sind durch eine entschiedene Klimapolitik die Auswirkungen jedoch zu verringern.
Bleibt das Gletscherschmelzwasser aus und fallen die Gletscher als Wasserspeicher weg, ist ein Wassermanagement erforderlich, das die Effekte abmildert. Hier ist gerade die Renaturierung eine wichtige Maßnahme. Wir brauchen nicht nur eine Schwammstadt. Wir brauchen Flusssysteme, die als Schwamm wirken. Moore, Feuchtgebiete und Wälder stellen natürliche Wasserspeicher dar. Auch sind effiziente Bewässerungssysteme, z. B. Tröpfchenbewässerung, erforderlich. Wichtig ist auch das „Wasserrecycling“, d. h. es werden getrennte Trink- und Brauchwasserkeisläufe erforderlich.. Auch sind die Leckagen in den städtischen Wassernetzen zu beheben. Durch diese gehen nach Schätzungen derzeit zwischen 30 % und 50 % des Trinkwassers verloren.
Wassermonitoring und Frühwarnsysteme müssen dieses Wassermanagement effizient unterstützen. Aber auch das Verhalten in der Gesellschaft bedarf einer Änderung. Wasser wird nicht mehr ein jederzeit „unbegrenzt“ verfügbares Gut sein. Mit Wasser wird unter Berücksichtigen seines lebenswichtigen Werts umgegangen werden müssen.