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Pressemitteilung

Profit mit Überwachungstechnik! Regime können Menschenrechte weiter missachten

Pressemitteilung der derzeitigen und des ehemaligen ÖDP-Abgeordneten im Europäischen Parlament Manuela Ripa und Klaus Buchner

Brüssel, November 2020 – Die EU versteht sich als Wahrer der Menschenrechte in Europa und weltweit. Der alljährlich vergebene Sacharow-Preis durch das Europäische Parlament symbolisiert diesen Anspruch. Daher war es nur folgerichtig, mit der Dual-Use-Verordnung die Nutzung von Überwachungstechnik durch autoritäre Regime stark einzuschränken.

Die Dual-Use-Verordnung soll sicherstellen, dass Güter, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können, nicht an Staaten exportiert werden dürfen, die die Menschenrechte mit Füßen treten. Solche Waren werden vor allem in sensitiver Elektronik, Telekommunikation und Datenverarbeitungsprogrammen gehandelt. Die Verordnung sollte den Export von Überwachungstechnik an Staaten wie Iran, Syrien, Marokko und Ägypten verhindern oder mindestens stark einschränken. Denn mit dieser Technik werden Regimegegner ausfindig gemacht und daraufhin gefoltert und ermordet. Dazu legte die EU-Kommission 2016 den Entwurf für die Dual-Use-Verordnung vor, die Exporte von Überwachungstechnik an undemokratische Regime einschränken sollte.

In erster Lesung konnte Professor Klaus Buchner (ÖDP) als zuständiger Berichterstatter im EU-Parlament in zähen Verhandlungen den Gesetzesvorschlag noch deutlich verbessern. Dem stimmte 2018 die überwältigende Mehrheit des Parlaments zu. Der Ministerrat als zweite Kammer der Gesetzgebung, blockierte daraufhin jedoch lange die Verhandlungen, besonders Finnland mit der Firma Nokia und Schweden mit Ericsson und Axis. Im Juli 2020 gab Klaus Buchner als Abgeordneter der ÖDP sein Mandat an seine Nachfolgerin Manuela Ripa weiter. Nach seinem Rückzug entzog jedoch die Grüne Fraktion der ÖDP das Mandat für die Dual Use Verhandlungen und übergab es an die tschechische Fraktionskollegin Markéta Gregorová, statt es – wie normalerweise üblich - der Nachrückerin zu überlassen. Entgegen der Zusage, die Verhandlungen im sogenannten Trilog zwischen Parlament, Rat und Kommission gemeinsam zu gestalten, hat die junge tschechische Abgeordnete das Gesetz vollkommen im Alleingang zu Ende gebracht.

Jetzt hat sich die deutsche EU-Ratspräsidentschaft vorgenommen, die Dual-Use-Verordnung auf Biegen und Brechen zu Ende zu bringen, um einen schnellen Erfolg zu erzielen. Das ist möglich, weil die Wünsche von Finnland, Schweden und vielen anderen Ländern vollständig berücksichtigt wurden, weil also eine Gesetzgebung entstand, die nur die uralten Techniken berücksichtigt und den Export von modernen Überwachungssystemen kaum noch einschränkt.

Damit wurden elementare Menschenrechte dem Profit einiger weniger Firmen geopfert. Die EU hat z.B. Sanktionen gegen den Iran verhängt, weil er äußerst brutal gegen Regimekritiker vorgeht. Gleichzeitig aber schöpft die EU hohe Steuereinnahmen ab, weil sie mit hohem Profit die Instrumente für die Ergreifung der Opfer liefert. Wenn Abgeordnete aus verschiedenen Fraktionen nunmehr von einem Erfolg sprechen, dann bezieht sich dieser lediglich auf Uralt-Technologien, die heute ohnehin kaum mehr zum Einsatz kommen. In den Verhandlungen wurden die Menschenrechte dem schnellen Erfolg geopfert. Die betroffenen Regimegegner hätten auf mehr Unterstützung für Leib und Leben gehofft. Es ist daher allemal ein Pyrrhussieg, der die wesentlichen Schutzkriterien nicht garantieren kann.

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