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Persönlicher Kommentar

Was steckt in meinem Essen? Transparenz und Verantwortung in der Lebensmittelindustrie

Was steckt in meinem Essen? Ist es gesund, bio, fair produziert, gut fürs Klima? Viele Konsumentinnen und Konsumenten würden gerne eine fundierte Kaufentscheidung treffen, die nicht nur für sie, sondern auch für Umwelt, Tiere und Klima gut ist. Doch das ist besonders bei Lebensmitteln des täglichen Bedarfs gar nicht so einfach: Wer hat schon zwischen Arbeit und Kinderbetreuung Zeit, lange Inhaltsangaben und komplexe Nährwerttabellen zu studieren und Details zu recherchieren?

Dazu kommt, dass Hersteller von Lebensmitteln ihre Produkte natürlich gerne schönreden - sie lassen sie auf den ersten Blick gesünder und klimafreundlicher aussehen, als sie es tatsächlich sind. Hier besteht konkreter Handlungsbedarf für die Politik: Wir brauchen Transparenz, verbindliche Standards und Einheitlichkeit in der Kennzeichnung! Hier geben wir euch ein paar Erläuterungen zu den wichtigsten Angaben auf Lebensmittelverpackungen - samt Nutzen und Tücken, die damit einhergehen.

 

Gesundheit zuerst: Der Nutriscore

Die Fälle von Übergewicht und damit verbundenen Krankheiten wie Herzinfarkt steigen seit Jahrzehnten - nicht nur in Europa. Ein sehr wichtiger Faktor ist hier natürlich die Ernährung: Ungesunde Lebensmittel, z.B. industrielle Fertigprodukte mit viel Fett, Zucker und Zusatzstoffen, sind oft nicht nur die einfachste Wahl, sondern auch die billigste und werden offensiv beworben.

Jahrelang wurde eine konkrete, übersichtliche Kennzeichnung von Produkten gefordert, die es den Konsumenten ermöglicht, ohne große Vorkenntnisse gesunde Produkte zu erkennen. Die Mühen waren nicht ganz vergebens: Seit 2020 gibt es schließlich auch in Deutschland den sog. Nutriscore nach französischem Vorbild. Der Begriff setzt sich aus "nutrition", englisch für "Ernährung", und "score" für "Bewertung" oder "Punktzahl" zusammen. Der Nutriscore weist Lebensmitteln eine Note zu: A (dunkelgrün) ist die beste Bewertung, E (dunkelrot) die schlechteste. So sollen Verbraucherinnen und Verbraucher auf den ersten Blick erkennen können, wie gesund oder ungesund ein Produkt ist.

Woran fehlt es beim Nutriscore?

Der Nutriscore ist freiwillig. Laut Angaben des Lebensmittelverbands ist gemäß EU-Gesetzgebung eine verpflichtende Angabe in dieser oder ähnlicher Form rechtlich nicht möglich.[1]  Dennoch lässt die Freiwilligkeit natürlich am Nutzen der ganzen Angelegenheit zweifeln. Wer druckt schon einen Score auf sein Produkt, wenn es dadurch als ungesund gebrandmarkt wird?

Immerhin: Ein Unternehmen, das den Nutriscore für eines seiner Produkte freiwillig übernimmt, verpflichtet sich damit, nach einer gewissen Zeit alle seine Produkte mit der Bewertungsskala auszustatten. Deshalb befindet sich der Nutriscore mittlerweile immer häufiger auch auf ungesunden Lebensmitteln, die mit schlechterer Bewertung abschneiden.[2]

Leider ist der Nutriscore aber nicht ganz so eindeutig, wie man ihn sich wünschen würde. Das grüne A bedeutet nämlich nicht zwangsläufig, dass ein Produkt wirklich gesund ist - es heißt nur, dass es im Vergleich zu anderen Optionen derselben Produktkategorie die gesündere Wahl ist. Klassische Beispiele: Eine Tiefkühlpizza kann ein B bekommen, natives Bio-Olivenöl ein C oder schlechter. So entsteht ein verzerrtes Bild, besonders für Menschen, die sich wenig selbst mit gesunder Ernährung beschäftigen - und gerade denen soll der Nutriscore ja eigentlich eine gesunde Lebensweise erleichtern.

 

Gut für Umwelt und Klima...?

Alles Bio oder was?

Schon seit Jahrzehnten gibt es das Bio-Siegel - ein europäisches, ein deutsches und viele andere, die noch strengere Vorgaben einhalten müssen. Der Begriff "Bio" und das zugehörige Siegel sind geschützt, d.h. sie dürfen nur nach Prüfung verwendet werden und werden regelmäßig kontrolliert. Andere Bezeichnungen wie "natürlich" oder "kontrollierter Anbau" hingegen kann prinzipiell jeder verwenden. (Wir haben uns in diesem Blogbeitrag näher mit "Bio" beschäftigt.)

 

Klimaneutral - alles Greenwashing...?

Auch Bezeichnungen wie "klimaneutral", "gut fürs Klima" und ähnliche finden sich immer häufiger auf diversen Lebensmitteln. Hier ist Vorsicht geboten: Zwar vergeben verschiedene Unternehmen oder Organisationen diverse Klima-Label, die Regeln dafür sind jedoch nicht einheitlich und garantieren keine gesetzlichen Mindeststandards. Außerdem gilt es zu bedenken, dass viele Unternehmen sich ihre Klimaneutralität herbeirechnen, indem sie ihre eigenen CO2-Emissionen nicht verringern, sondern stattdessen z.B. "nur" in Aufforstungsprojekte investieren. Dieses Vorgehen ist sicher besser als nichts, aber auch nicht unumstritten. [3]

Für diesen Bereich braucht es dringend eine einheitliche Regelung, das fordert auch die Verbraucherzentrale (VZ) NRW: Eine einschlägige Umfrage der VZ zeigt, wie verwirrend selbst klimainteressierte Menschen den Label-Dschungel finden, der ihnen eine bewusste Produktauswahl erschwert. [4]

 

Quellen:

[1] https://www.lebensmittelverband.de/de/lebensmittel/kennzeichnung/naehrwert/nutri-score

[2] https://www.vzhh.de/themen/lebensmittel-ernaehrung/nutri-score-das-sollte-man-wissen

[3] https://www.ndr.de/ratgeber/Klimalabels-Marketing-Trick-oder-echter-Klimaschutz,klimasiegel100.html

[4] https://www.verbraucherzentrale.nrw/pressemeldungen/presse-nrw/klimaneutrale-produkte-89-prozent-fuer-klare-regeln-und-geprueftes-siegel-77472

Autor/in:
Fenya Kirst
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