Bindung und Bildung

Nach Ansicht der ÖDP stellen die Bindung und die Bildung die beiden entscheidenden Grundlagen für die Stabilität der Gesellschaft und der Wirtschaft dar, weshalb sie den Stamm des Baumes bilden. Dabei geht die Bindung der Bildung voraus. So wie es keine gute Erziehung ohne Beziehung gibt, gibt es auch keine gute Bildung ohne Bindung. Bildung wird getragen von Nähe, Aufmerksamkeit, Zuneigung, Zutrauen und Neugier.
- Beziehung als Voraussetzung für Bildung
In den ersten Lebensjahren geht es darum, dass Kinder eine liebevolle, vertrauensvolle und verlässliche Beziehung zu ihren Eltern sowie anderen Erwachsenen erfahren. Kinder, die in Geborgenheit eine solche Beziehung erfahren haben, können sich mit Grundvertrauen auf die große, weite Welt einlassen. Eine solche Offenheit ermöglicht schließlich nachhaltiges Lernen.
- Die Familie als Ort der Erfahrung verlässlicher Bindungen
Die Familie ist für die ÖDP die bewährte Form des Zusammenlebens von Menschen in unserer Gesellschaft. Sie ist eine Fürsorgegemeinschaft, in der Menschen generationsübergreifend dauerhaft soziale und wirtschaftliche Verantwortung füreinander übernehmen und enge Bindungen aufbauen. Familie gibt es in vielfältigen Konstellationen. Sie ist überall dort, wo Eltern, Großeltern oder Verwandte für Kinder, und Kinder für Eltern, Großeltern und Verwandte Verantwortung tragen. Sie ist auch dort, wo Alleinerziehende, Stief-, Adoptiv- und Pflegeeltern oder gleichgeschlechtliche Paare dies tun. Grundsätzlich sollten Kinder, die nicht bei ihren beiden leiblichen Eltern aufwachsen, zu ihnen Kontakt halten können. Sie haben das Recht zu wissen, wer ihre leiblichen Eltern sind.
Für die Entwicklung von Kindern sind liebevolle Zuwendung und verlässliche Bindungen an einige wenige vertraute Personen besonders in den ersten drei Lebensjahren von grundlegender Bedeutung. Sie ermöglichen ihnen, ihr eigenes Leben bewusst und selbstbestimmt zu gestalten und später selbst Verantwortung für andere und Aufgaben in der Gesellschaft zu übernehmen. Für ihr Wohl ist entscheidend, dass sich eine oder mehrere Personen dauerhaft und verbindlich in erzieherischer und fürsorglicher Verantwortung um sie kümmern. Umgekehrt sind die Pflege und Fürsorge für das Wohl der älteren Generation ein wertvoller Beitrag der erwachsenen Kinder.
Die ÖDP will Familien als Orte der Geborgenheit, der Erfahrung verlässlicher dauerhafter Bindungen, der gegenseitigen Fürsorge und der Verantwortungsübernahme schützen, fördern und stärken. Schutz, Förderung und Stärkung sind der aus der Ehe eines Mannes und einer Frau gegründeten Familie, aber auch anderen Konstellationen von Familie zu gewähren. Auch sie sind rechtlich anzuerkennen und abzusichern, damit sie sich als Orte von Geborgenheit, Bindung, Fürsorge und Verantwortungsübernahme entfalten können.- Mehr Gerechtigkeit für Eltern und Familien
Die ÖDP greift das Jahrzehnte lang herrschende und sich verstärkende System der Ungerechtigkeit gegenüber Eltern und Kindern an und wehrt sich vehement gegen die zunehmende Diskriminierung familiärer Erziehungsarbeit. Es geht uns nicht um Bevölkerungspolitik: Die freie Wahl, ob man Kinder haben will und wie viele es sein sollen, bleibt eines der zentralen Persönlichkeitsrechte erwachsener Menschen. Solange aber das Sozialsystem als sogenannter Generationenvertrag konstruiert ist, muss die materielle Last der Kindererziehung gerecht zwischen den Eltern und der Gesellschaft aufgeteilt werden. Dies ist heute nicht der Fall: Wer sich ganz oder teilweise der familiären Kindererziehung widmet, hat in aller Regel Einkommenseinbußen, höhere Kosten und letztlich sogar noch eine reduzierte Rente in Kauf zu nehmen. Bisherige familienpolitische Maßnahmen haben auch nicht annähernd eine gerechte Lastenverteilung zwischen Männern und Frauen, zwischen Kindererziehenden und Kinderlosen bewirkt. Das ist insofern bedenklich, als gemäß dem Generationenvertrag, einem der Grundbausteine unserer Gesellschaft, Alterssicherung immer abhängig von vorangegangener Kinder- und Jugendsicherung ist.
Jede staatliche Rollenzuweisung im Hinblick auf die Verteilung von Erwerbs- und Familienarbeit in Ehe und Partnerschaft widerspricht dem vom Bundesverfassungsgericht festgestellten Leitsatz unseres Grundgesetzes, nach dem die innerfamiliäre Aufgabenverteilung zur grundgesetzlich geschützten Privatsphäre gehört.
Eine staatliche Einflussnahme durch einseitige finanzielle Förderung einer Betreuungsart für Kinder bis zum 3. Lebensjahr ist als Bevormundung der Eltern abzulehnen. Sie ist mit dem Gleichheitssatz nach Art. 3 GG nicht vereinbar. Eingriffe des Staates sind nur bei Gefährdung des Kindeswohls gerechtfertigt.- Erziehungsgehalt
Erziehung, Betreuung, Versorgung und Ausbildung von Kindern und Jugendlichen müssen in finanzieller Hinsicht von der ganzen Gesellschaft getragen werden, so wie die nachwachsende Generation die Versorgung und Betreuung der Generation der Ruheständler trägt. Wir wollen ein steuer- und sozialversicherungspflichtiges Erziehungsgehalt als angemessenes Einkommen für Eltern. Dadurch bekommen sie echte Wahlfreiheit, ob sie ihre Kinder ganz oder teilweise selbst zu Hause betreuen möchten oder in Kinderbetreuungseinrichtungen (z. B. Krippe, Hort) mit anteiliger Abführung ihres Erziehungsgehalts. Wir stehen für Verbesserung von Teilzeitarbeit für Eltern und von Betreuungsangeboten in vorschulischen und schulischen Einrichtungen. Das Erziehungsgehalt wird zu Einsparungen bei bisherigen Transferleistungen, insbesondere an Alleinerziehende oder an Mehr-Kinder-Familien führen (ALG I, ALG II, Wohngeld). Das Erziehungsgehalt wird ebenso die Diskriminierung von kinderreichen Familien und von Eltern in der Ausbildung bei der Bemessung des bisherigen Elterngeldes beenden.
- Schutz des Ungeborenen
Lebensschutz ist für uns ein umfassendes Ziel, das auch die Ungeborenen einbezieht. Die Eltern sollen durch das Erziehungsgehalt und eine umfassende Schwangerschaftsberatung zur Fortsetzung der Schwangerschaft ermutigt werden. Eine gerechte Familienpolitik ist daher auch eine wesentliche Voraussetzung für den ethisch gebotenen wirksamen Schutz des ungeborenen Lebens. Dies ermöglicht erst Familien und Müttern, ohne Angst vor gravierenden Nachteilen ein Kind anzunehmen und aufzuziehen.
Klonen und Eingriffe in die menschliche Keimbahn sind mit der Würde des Menschen nicht vereinbar und daher zu verbieten.- Bildung als lebenslanger Prozess
Gute Bildung – ein lebenslanger, nie abgeschlossener Prozess – ist ebenso wie die Bindung Voraussetzung für das Gelingen einer Gesellschaft und von daher eine sinnvolle und dringend nötige Investition in unsere Zukunft. Wirkliche Bildung umfasst mehr als das bloße Ansammeln von Wissen und technischem Know-how, das zudem in einer beschleunigten Welt immer rascher veraltet. Bildung muss den ganzen Menschen umfassen und neben Verstand und Vernunft auch die emotionale, ästhetische, ethische und lebenspraktische Seite berücksichtigen. Bildung muss Werte vermitteln.
- Recht auf Bildung
Das Recht auf Bildung gehört zu den anerkannten Menschenrechten. Dabei spielt die Familie noch vor Schule und Gesellschaft eine zentrale Rolle. Eltern müssen die Wahlfreiheit haben, wie sie ihre Kinder erziehen und betreuen möchten. Die ÖDP wendet sich dagegen, der Erziehungsleistung der Eltern grundsätzlich zu misstrauen und diese abzuwerten. Neben Schule und Gesellschaft spielen heute Medien und soziale Netzwerke eine bedeutende Rolle. Ein verantwortlicher Umgang mit ihnen muss vermittelt werden.
Der Zugang zu einer guten Schul- und Ausbildung muss allen möglich sein, unabhängig von sozialer Herkunft, finanziellen Möglichkeiten und unterschiedlichen Begabungen. Bildungseinrichtungen (von Kindergärten über Schulen bis hin zu Hochschulen) sind über öffentliche Mittel zu finanzieren. Auch die Freiheit von Forschung und Lehre muss durch eine ausreichende Finanzierung sichergestellt sein.
Der Einfluss der so genannten Drittmittel muss im Bildungsbereich zurückgedrängt werden, um eine von wirtschaftlichen Interessen unbeeinflusste Meinungsbildung zu ermöglichen.- Bildung braucht Zeit und individuelle Förderung
Zeit ist ein wesentlicher Grundstein und eine elementare Voraussetzung für nachhaltige Bildung in allen Lebensphasen. Über alle Schularten hinweg muss es Möglichkeiten individueller Förderung geben, wo in einem Klima der Ermutigung das grundsätzliche Interesse am Lernen und am Entdecken der Welt gefördert und gestärkt wird. Wir brauchen für unsere Kinder und Heranwachsenden wohnortnahe Schulen mit überschaubaren kleinen Klassen, gut ausgebildete Lehrkräfte und zusätzliches Fachpersonal, damit genügend Zeit ist, hilfsbedürftige Schüler zu unterstützen und leistungsfähige Schüler zusätzlich zu fördern.
- Bildung – umfassend und vielseitig
In allen Schularten sollen Fächer und vielfältige Angebote sicherstellen, dass Körper und Geist, musische Veranlagungen und praktische Fähigkeiten gefördert und soziale Kompetenzen erworben werden. Eine Zusammenarbeit mit Institutionen wie z. B. Sportvereinen, Musikschulen und Trägern von Jugendarbeit ist wünschenswert.
- Ökologische, kreative und musische Fächer
In allen Schularten soll diesen Bildungsbereichen mehr Zeit eingeräumt werden. Sie fördern die intellektuelle Leistungsfähigkeit und darüber hinaus die Lebensfreude der Kinder. Die Anleitung zu einer gesunden Lebensführung muss in allen Schulen einen höheren Stellenwert erfahren, denn Körper, Geist und Seele bilden eine Einheit.
- Ausbildung von sozialen, politischen und wirtschaftlichen Kompetenzen
In Familie und Schule soll sich der Stil des Umgangs abbilden und herausbilden, den wir auch in unserer Gesellschaft insgesamt wünschen. Zu einer umfassenden Schulbildung gehören das Erlernen grundlegender Arbeitsmethoden und der Erwerb guter Sozialkompetenz. Dazu gehört auch die Gewalt-Prävention. Eine gewaltfreie Haltung gegenseitiger Wertschätzung, ein Bestreben, jedem die Erfüllung seiner Bedürfnisse in einem Rahmen zu ermöglichen, der die Grenzen des anderen in jeder, auch der globalen Dimension achtet, soll eingeübt werden. Die Beziehung der Kinder untereinander soll auf gegenseitiger Unterstützung basieren. Eine umfassende politische Bildung, die zum selbstständigen Urteilen und Handeln befähigt, soll in Schulen, Verbänden und im Elternhaus möglichst sachneutral vermittelt werden. Die (praktische) Geld- und Wirtschaftskompetenz der Schülerinnen und Schüler ist zu stärken.
Aus dem Stamm, der Bindung und der Bildung, erwachsen die Äste unseres Baumes: der Wohlstand ohne Wachstumszwang, die lebendige Demokratie und die soziale Gerechtigkeit.