Zur Hauptnavigation springenZum Hauptinhalt springen

5. Familie und Gesellschaft

Die Unentbehrlichkeit der Kinderbetreuung in der Familie hat sich unter den besonderen Bedingungen der Corona-Pandemie in verschärfter Weise gezeigt. Die Erziehungsarbeit der Eltern ist für unsere Gesellschaft systemrelevant. Sie ist Voraussetzung, dass sich Kinder erfolgreich entfalten und entwickeln können. Psychisch gesunde, lernwillige und lernfähige Kinder sind für das künftige Funktionieren der Wirtschaft und ein nachhaltiges Sozialsystem unentbehrlich.

Im Vordergrund der Familienpolitik stehen allerdings heute nicht das Kindeswohl und die Elternrechte, sondern kurzfristige und kurzsichtige Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsinteressen, die Eltern zunehmend unter Stress und Zeitnot setzen, was sich zulasten der Kinder auswirkt.

Die Ausgestaltung des bestehenden Sozialsystems wurde bereits 1994 im Rahmen des fünften Familienberichts für die Bundesregierung von unabhängigen Wissenschaftlern als „strukturelle Rücksichtslosigkeit gegenüber Familien“ bezeichnet, ohne dass sich seitdem etwas gebessert hat. Diese Rücksichtslosigkeit besteht in einer grundsätzlichen Minderbewertung der Erziehungsarbeit, was sich bei Alleinerziehenden, Mehrkind-Eltern und Trennungsfamilien besonders nachteilig auswirkt. Die Benachteiligung der Familien ergibt sich aus unserem heutigen Sozialsystem. Früher sorgten die erwachsenen Kinder nur für ihre alten oder kranken Eltern. Heute müssen sie für alle ehemaligen Erwerbstätigen eine Rente zahlen, die oft sogar höher ist als die der eigenen Eltern, weil der Rentenanspruch an die Kinder sachwidrig fast ausschließlich an Erwerbsarbeit gebunden wurde.

Das destabilisiert zunehmend sowohl die Familien als auch unser Sozialsystem und fördert Familienarmut. Die Hauptleidtragenden sind immer die Kinder.

Eine sachgerechte Behandlung von Familien schafft nicht nur mehr Gerechtigkeit, sondern löst auch Spannungen in vielen Familien und schafft so bessere Bedingungen für die psychische und körperliche Entwicklung der Kinder und stärkt den Mut zum Kind. Das bestehende Sozialsystem ist mit Art. 3, 1 und Art. 6, 1 und 2 unseres Grundgesetzes nicht vereinbar und daher dringend korrekturbedürftig. Von der heutigen Politik wird die Verfassungswidrigkeit unseres Sozialsystems durch Verfälschung des Generationenvertrags bewusst oder unbewusst verschleiert, was die Vertretung der Familieninteressen erschwert.

Gerechtigkeit und Wahlfreiheit für Eltern statt Bevormundung

  • Einführung eines Kindergrundeinkommens zur Absicherung der Sachkosten von Kindern.
  • Schaffung eines Sozialsystems, das die natürlichen Belastungen bei Elternschaft und im Alter gleichermaßen absichert, um insgesamt ein nachhaltiges System zu verankern.
  • Anerkennung der elterlichen Erziehungsarbeit durch einen Lohn, weil die Erziehung von Kindern heute der sozialen Sicherung der ganzen Gesellschaft dient und nicht nur der sozialen Absicherung der eigenen Eltern, wie das zuvor der Fall war.
  • Anerkennung der häuslichen Betreuungsarbeit bei pflegebedürftigen Angehörigen mit einem angemessenen Pflegegehalt.
  • Wahlfreiheit für Eltern, ob sie das Geld für die Kinderbetreuung als Lohn betrachten oder damit eine Fremdbetreuung ihrer Wahl finanzieren, statt einseitiger staatlicher Finanzierung von Kinderkrippen.
  • Gewährung eines Lohnes für Kinderbetreuung, weil es sich um Arbeit handelt, statt eines Lohnersatzes wie beim heutigen Elterngeld, das Kinderbetreuung sachwidrig wie Krankheit oder Arbeitslosigkeit behandelt und damit zusätzlich abwertet.
  • Beitragsgerechtigkeit für Eltern in der Rentenversicherung, da allein die Erziehung von Kindern spätere Renten nach dem Umlageverfahren ermöglicht.
  • Gleiche Chancen für Eltern statt Doppelbelastung durch „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, die nur den Eltern abverlangt wird und ihnen zu wenig Zeit für ihre Kinder lässt und eine Vertretung ihrer politischen Interessen meist unmöglich macht.
  • Kindeswohl als entscheidendes Kriterium der Familienpolitik.
  • Qualitätssicherung von öffentlichen Kinderbetreuungseinrichtungen mit deutlicher Verbesserung des Personalschlüssels.
  • Der Grundsatz der Nachhaltigkeit muss auch in der Sozialpolitik gelten.

Entschlossenes Handeln gegen den Missbrauch von Kindern

  • In erschreckender Weise ist das Ausmaß des Missbrauchs von Kindern in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt und hat die Notwendigkeit, in diesem Bereich wesentlich entschlossener und frühzeitiger zu handeln, deutlich gemacht. Psychische und körperliche Misshandlung von Kindern und Jugendlichen muss mit aller Kraft verhindert und intensiv bekämpft werden.
  • Verstärkte Prävention, Verschärfung des Strafrechts und effektive Verfolgung von Straftaten.
  • Schnelle Beendigung des erschreckenden Ausmaßes der Kinderpornografie mit allen kriminellen Begleitumständen.
  • Erhöhung der Sicherheit für alle, die in Gefahr sind oder sich fürchten, Opfer von Gewalt zu werden, durch Information, Beratung und Hilfe mit niederschwelligen und effektiven Angeboten (z. B. Notrufnummern, Online-Beratung etc.).
  • Genaue Überprüfung der Wirksamkeit der neuen Gesetzgebung.

Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern

  • Im Alltag und bei allen gesellschaftlichen und politischen Vorhaben werden unterschiedliche Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern sichtbar. Nur durch eine ausgewogene Aufteilung von Rechten, Befugnissen und Pflichten zwischen Männern und Frauen in Politik und Gesellschaft, in Wirtschaft und Familien und die Rücksichtnahme auf wichtige und verschiedenartige Erfahrungen aus allen Bereichen ist Geschlechtergerechtigkeit zu erreichen.
  • Ende aller staatlichen Versuche, Menschen bei der Wahl ihres Lebens- oder Familienmodells durch finanzielle Anreize zu bevormunden (wie z. B. nur die Finanzierung außerhäuslicher Betreuung).
  • Reform der Sozialversicherungen, um die bestehenden Benachteiligungen der überwiegend weiblichen Erziehenden oder Pflegenden in den Familien zu beseitigen.
  • Vollständige Gleichstellung der familiären Sorgearbeit mit der herkömmlichen Erwerbsarbeit. Also: gleicher Lohn und gleiche Altersvorsorge für gleichwertige, gesellschaftlich unverzichtbare Arbeit sowie eine Wiedereinstellungspflicht nach Betreuungsphasen.
  • Wirksame Durchsetzung der Entgeltgleichheit für Frauen und Männer.

Stärkung von Teilhabe und Inklusion

  • Aktive Förderung der Fähigkeiten und Kompetenzen erwerbstätiger Menschen mit Behinderung.
  • Förderung von Wohn- und Lebensmodellen, in denen Menschen mit und ohne Behinderung sowie mit und ohne Pflegebedürftigkeit in Gemeinschaft zusammenleben.
  • Vollständige Barrierefreiheit im öffentlichen Raum, besonders im öffentlichen Personennahverkehr.

Menschenwürde bis zum Lebensende

  • Schwerstkranke und Sterbende haben ein Recht auf staatliche und gesellschaftliche Solidarität. Menschenwürdiges Sterben soll insbesondere, wenn der Betroffene und sein Umfeld dies wünschen, zu Hause in der vertrauten Umgebung durch gute medizinische Betreuung und finanzielle Unterstützung ermöglicht werden.
  • Wir fordern zudem eine bundesweit ausreichende, flächendeckende Versorgung mit Hospizplätzen und palliativmedizinischer Versorgung schwerstkranker Menschen in Deutschland. Dieses muss durch den Einsatz von Bundesmitteln ausreichend mitfinanziert und über ein Bundesgesetz verpflichtend geregelt werden.

Stopp der offenen und verdeckten Diskriminierung von psychisch und abhängigkeitserkrankten Menschen

  • Immer noch werden flächendeckend Menschen mit psychischen oder Abhängigkeitserkrankungen und entsprechenden Vorerkrankungen im Rahmen von Versicherungsabschlüssen, bei Einstellungen in der Privatwirtschaft oder im öffentlichen Dienst oder anderen alltäglichen Vorgängen (z. B. Wunsch des Wechsels der Krankenkasse) diskriminiert. Dies führt beispielsweise dazu, dass die Betroffenen sich nicht adäquat oder nur mit enormen Risikozuschlägen und unter Ausschluss von Leistungen versichern können, Probleme beim Wechselwunsch einer Versicherung haben, oder auch dazu, dass sie im Rahmen einer Bewerbung in der Privatwirtschaft oder im öffentlichen Dienst mit einer Nichteinstellung rechnen müssen, wenn sie wahrheitsgemäße Angaben machen. Psychische und Abhängigkeitserkrankungen sind zudem im Vergleich zu somatischen Erkrankungen weiterhin mit großen Vorurteilen belastet, die oft aus der Unkenntnis der Erkrankungen und der Unsicherheit im Umgang mit den Betroffenen herrühren. Oftmals entsteht bei Betroffenen der Eindruck, eine Art „zweites polizeiliches Führungszeugnis“ mit dem Outen einer entsprechenden Erkrankung abgeben zu müssen. Die gesamtgesellschaftliche Folge ist, dass betroffene Menschen und ihr Umfeld aus Scham oder Angst die (Vor-)Erkrankungen verschweigen oder gar negieren, sich mit „ihrem Problem“ zurückziehen und keine rechtzeitige adäquate Hilfe erfragen, weil sie Stigmatisierung und negative Konsequenzen vermeiden möchten. Akut Hilfesuchende müssen zudem in der Regel monatelang auf professionelle Hilfen warten.
  • Die ÖDP fordert für diesen Personenkreis eine bundesweit gesetzlich festgeschriebene vollwertige Gleichbehandlung in allen Bereichen und auf allen Ebenen analog des geschlechtlichen Gendergedankens, den konsequenten Ausbau flächendeckender Hilfen und die staatliche Förderung von entsprechenden Selbsthilfegruppen und -einrichtungen.

Migration und Integration sind zwei Seiten einer Medaille, die von Beginn an zusammen geplant werden müssen

  • Wir fordern, bei der Integration das Schubladendenken zu beenden und leichter einen Spurwechsel vom Asyl zur Arbeitsmigration möglich zu machen. Dabei soll die Fokussierung auf die einzelne Persönlichkeit Vorrang haben gegenüber der Betrachtung nach dem Herkunftsland oder dem ursprünglichen Migrationsgrund.
  • Wir brauchen klare und verbindliche Zusicherungen für die Familienzusammenführung bei allen Zuwandernden, die sich hier schnell integrieren und für ihren Lebensunterhalt sorgen. Auch hier gilt der Grundsatz des „Forderns und Förderns“.
  • Wir benötigen eine schnellere soziale Integration durch Teilhabe am (Arbeits-)Leben über unmittelbare und verbindliche gleichzeitige Förderung von Sprache, Arbeit und beruflicher Qualifizierung.
  • Jede erworbene Qualifikation in Deutschland ist sinnvoll, sie dient dem individuellen Vorankommen und unserer Gesellschaft. Bei Rückkehr ins Heimatland gilt dies entsprechend. In jedem Fall ist es ein Gewinn für den Aufbau und die Pflege der internationalen Partnerschaft.