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ÖDP klagt gegen Unterschriftenquoren bei Bundestagswahl

Massive Benachteiligung gegenüber den Parlamentsparteien muss ein Ende haben!

Nach der letzten Änderung des Gesetzes zur Bundestagswahl fühlte sich die ÖDP eingeladen, ein Organstreitverfahren gegen die Pflicht zum Sammeln von Unterstützungsunterschriften einzuleiten (wir berichteten am 20.10.2023). Am 13.12.2023 wurde die von Dr. Björn Benken verfasste Klageschrift beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.

Obwohl die ÖDP mehr als 500 kommunale Mandate und sogar einen Sitz im Europaparlament hat, muss sie für jeden Wahlantritt zur Bundestagswahl viele Unterstützungsunterschriften sammeln: 200 pro Wahlkreis und bis zu 2.000 weitere Unterschriften für ihre Landeslisten. Dies ist eine massive Benachteiligung gegenüber denjenigen Parteien, die im Deutschen Bundestag oder einem Landtag vertreten sind.
Die Rechtsprechung hat für diese Ungleichbehandlung bisher vier Gründe angeführt: Eine Stimmenzersplitterung im Parlament soll verhindert werden, die Wählerinnen und Wähler sollen ihre Stimme nicht „vergeuden“, der Gesetzgeber darf „nicht-ernsthafte“ Wahlvorschläge bei der Wahlzulassung aussortieren und die ordnungsgemäße Durchführung der Wahl muss sichergestellt sein.

Gründe für Unterschriftenvorgaben zur Bundestagswahl nicht länger haltbar

Der Schriftsatz, den die ÖDP beim Bundesverfassungsgericht eingereicht hat, belegt, dass die ersten drei Gründe nicht länger haltbar sind. So wird z. B. die Prüfung der Ernsthaftigkeit der antretenden Parteien seit 1967 durch den Bundeswahlausschuss ausgeübt in Auslegung von § 2 Abs. 1 Parteiengesetz; eine zusätzliche Überprüfung durch Unterschriftenquoren ist nicht mehr erforderlich. Auch ein Schutz vor Stimmenvergeudung ist weder möglich noch erwünscht und den Schutz vor Stimmenzersplitterung übernimmt komplett die Sperrklausel – seit der letzten Änderung des Bundeswahlgesetzes nun auch für den Bereich der Erststimme.
Somit bleibt als möglicher Rechtfertigungsgrund für das Unterschriftenquorum nur die ordnungsgemäße Durchführung der Wahl. Doch das neue Wahlrecht macht Kandidaturen im Wahlkreis davon abhängig, dass gleichzeitig auch eine Landesliste am Start ist. Weitere Direktkandidaten könnten den Stimmzettel also künftig nicht mehr verlängern, sondern ihn höchstens im inneren Bereich auffüllen. Das macht den Stimmzettel nicht unübersichtlicher und die bisher verlangten 200 Unterschriften pro Wahlkreis lassen sich nicht weiter rechtfertigen; sie werden verfassungswidrig. Bei den Landeslisten hingegen müsste das Prinzip der Verhältnismäßigkeit beachtet werden. Wenn der geringe Nutzen der Maßnahme in ein Verhältnis zu den hohen Belastungen gesetzt wird, dürfte die Pflicht zum Unterschriftensammeln höchstens noch für jene Parteien gelten, die erstmalig zu einer Bundestagswahl antreten.

Den Wortlaut des eingereichten Schriftsatzes finden Sie unter

www.unterschriftenquorum.de