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3. Wohlstand ohne Wachstumszwang – globale Verantwortung

Die ökologisch-soziale Marktwirtschaft setzt klare Prioritäten: Wir alle leben in dieser Welt und von dieser Welt, sind Teil des Ganzen dieser Welt mit ihrer Natur und ihrem Klima. Deswegen muss die oberste Priorität auch bei der Ökologie – dem Natur- und Umweltschutz und der Rettung des Klimas – liegen.
Wir müssen den Raubbau an unseren Lebensgrundlagen stoppen. In einer ökologisch-sozialen Marktwirtschaft müssen in die Preisbildung für Produkte auch die Kosten für Schäden durch Umweltzerstörung und zunehmende Klimaextreme einfließen. Dann wird Umweltzerstörung unwirtschaftlich. Nur Kostenwahrheit in diesem Bereich schafft faire Wettbewerbsbedingungen für verantwortlich wirtschaftende Unternehmen. Sparsamer Umgang mit Ressourcen, Reparatur und Recycling müssen sich wieder lohnen. Dazu sollte die Arbeit schrittweise von Kosten entlastet und im Gegenzug der Energie- und Rohstoffverbrauch verteuert werden. Ziel ist eine weitgehende Kreislaufwirtschaft, die allein mit dem auskommt, was Erde und Sonne an Ressourcen pro Jahr bereitstellen.
Wir brauchen mehr Regionalisierung statt Ausweitung des Welthandels, um die Transportkosten und Umweltbelastungen zu verringern und die Stabilität in Krisen zu stärken. Nicht Abschottung ist dabei das Ziel, sondern ein Handel, der sich am sozialen und ökologischen Nutzen orientiert. Eine regionale Versorgung mit Lebensmitteln und Wirtschaftsgütern führt zu nachhaltigem Wirtschaften, kurzen Wegen, geringem Verkehrsaufkommen und gleichzeitig wohnortnahen Arbeitsplätzen.
Die Kluft zwischen Armen und Reichen zeigt die sozialen Gegensätze in unserer Gesellschaft. Die Proteste gegen die Ungleichheit der Einkommen und Vermögen münden aber nicht in eine zukunftsfähige Ordnungspolitik, sondern immer wieder in eine Wirtschaftspolitik, die die Förderung der Interessen von Kapitalanlegern und globalen Konzernen zum Ziel hat. Große Teile der Menschheit müssen in Armut und ohne Hoffnung leben. Der Mangel an Rücksicht auf die Umwelt und das Klima wird nicht nur unsere Lebensgrundlagen zerstören, sondern auch zu katastrophalen Mangelsituationen und sozialen Verwerfungen führen.
Umwelt oder Soziales wird meist nebensächlich behandelt. Für Schäden muss dann meistens die Gesellschaft aufkommen. Dies widerspricht dem Geist des Gemeinwohls. Alles Wirtschaften hat sich am Gemeinwohl aller zu orientieren: Unser Ziel ist die Verkleinerung des ökologischen Fußabdrucks von Personen, Unternehmen und Staaten. Es darf nicht mehr verbraucht werden, als diese Erde an Ressourcen pro Jahr bereitstellt. Die Zertifizierung möglichst vieler Institutionen nach den Regeln der Gemeinwohlökonomie ist ein wichtiges Ziel, um die Vergleichbarkeit der Einhaltung ökologischer Standards nachzuweisen.
Die ÖDP bekennt sich zu den Ideen und den Zielen der Postwachstumsökonomie und dem Grundsatz „Weniger ist mehr!“. Ziel ist ein Wohlstand, der nicht auf rein materielle Größen reduziert ist, sondern menschliche Werte einbezieht. Wir wollen mit weniger materiellem Aufwand gutes Leben für alle ermöglichen, weshalb die Kreislaufwirtschaft zu fördern ist.

Die ÖDP fordert daher auf EU-Ebene:
•    Die Priorisierung des Schutzes der Umwelt, der Bewahrung der Artenvielfalt und der Durchsetzung der Klimawende mit dem Ziel des Erreichens der Klimaneutralität bis zum Jahr 2030 sowie die wirksame Überwachung der dazu nötigen Umsetzungsschritte dahin.
•    Eine Angleichung der Beschäftigungs-, Sozial- und Umweltstandards in der EU. Die ÖDP fordert, bei der Kreditprüfung vor einer Kreditvergabe eine Gemeinwohl-Prüfung durchzuführen.
•    Europaweit ein angemessenes Grundeinkommen für Personen, die über kein eigenes Einkommen verfügen können. Dazu zählen für uns u. a. Kinder, Erziehende, Pflegende, Erwerbsunfähige und gegebenenfalls Rentner/-innen. Die Höhe eines ausreichenden Grundeinkommens muss jeweils in den einzelnen Nationalstaaten an deren volkswirtschaftlichen Gegebenheiten ausgerichtet sein.
•    Unternehmen, die in sozialer und ökologischer Hinsicht das Gemeinwohl in besonderem Maße verfolgen und die Menschenrechte achten, sollen gefördert werden.
•    Dezentrale, kleinteilige Strukturen sollen gefördert werden, wo immer es sinnvoll ist. Deshalb muss in der EU die Regionalität bei öffentlichen Ausschreibungen eine notwendige Grundvoraussetzung werden.
•    Handelsabkommen dürfen Gemeinden und Regionen nicht daran hindern, gezielt lokale Wirtschaftskreisläufe zu fördern, z. B. durch Vergabe öffentlicher Aufträge.
•    Freihandelsabkommen müssen Fairhandelsabkommen werden, die sowohl den Biodiversitätsschutz als auch soziale Mindeststandards fördern. Dazu brauchen wir einklagbare Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsklauseln mit sanktionierbaren Umwelt-, Natur-, Tier- und Menschenrechtsstandards. Das muss für in Verhandlungen befindliche, aber auch für bereits verhandelte Abkommen gelten wie CETA und TiSA. Auch Freihandelsabkommen müssen sich an der Einhaltung planetarer Grenzen orientieren. Das europäische Vorsorgeprinzip darf durch diese Verträge nicht aufgeweicht werden. Die Einsetzung von privaten Schiedsgerichten zur verbindlichen Streitschlichtung zwischen privaten Investoren und Staaten begünstigt internationale Großkonzerne und deren Einfluss auf die Gesetzgebung in den EU-Staaten. Eine durch Handelsverträge implementierte Paralleljustiz durch private Schiedsgerichte lehnen wir daher ab. Die existierenden öffentlichen Gerichte genügen für den Schutz von Investitionen. Die Verhandlungen zu Handelsabkommen müssen maximal transparent unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft geführt werden.
•    Wir müssen weg von der Handelsliberalisierung hin zu einem nachhaltigen Handel mit Rohstoffen. Wirtschaftliche Interessen beim Rohstoffabbau dürfen nicht länger von sozialen und ökologischen Interessen beim Abbau von Rohstoffen getrennt werden. Die nachhaltige Gewinnung von Rohstoffen muss eine Voraussetzung für den Handel mit ihnen und für Investitionen in diesen Handel sein. Es darf auch keine einseitige Ausrichtung der Wirtschaftspolitik auf die Interessen der EU-Industrie geben, vielmehr müssen auch die lokalen Interessen in Entwicklungsländern, z. B. der Ureinwohner, beachtet werden. Die Wirtschaftspolitik der EU muss einen integrativen Ansatz verfolgen.
•    Das europäische Kartellrecht ist zu verstärken und konsequent durchzusetzen, um die Zusammenballung wirtschaftlicher Macht zulasten des Gemeinwohls zu unterbinden.
•    Die öffentliche Daseinsvorsorge muss wirkungsvoll vor kommerziellen Verwertungsinteressen geschützt werden. Der Zugang zu sauberem Wasser, gesunder Nahrung, angemessenem Wohnraum, Energie, Kommunikation, Transport, Bildung, Gesundheit und Kultur darf nicht von Handelsverträgen beeinträchtigt werden.
•    Abschaffung aller umwelt- und klimaschädlichen Subventionen. Subventionen für gesundheitsschädigende, umweltbelastende und wasserintensive Techniken müssen beendet werden.
•    Das EU-Emissionshandelssystem und die CO2-Grenzabgabe (CBAM) sollen zur Investition in emissionsarme Technologien beitragen. Der Europäische Emissionshandel ist der Kern der EU-Klimaschutzpolitik im Energiesektor. Eine vollständige Versteigerung der Emissionszertifikate setzt das Verursacherprinzip durch und muss auf weitere Sektoren ausgeweitet werden. Die Einnahmen müssen in die Transformation hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft fließen. Ihre Einnahmen dürfen nicht für fossile Energien oder für Atomkraftwerke (AKWs) verwendet werden.
•    Die EU-Industriepolitik muss den Ausbau der erneuerbaren Energien und den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft mit EU-Mitteln gezielt massiv fördern. Es darf kein Geld in die Finanzierung von AKWs fließen.
•    Das EU-Lieferkettengesetz muss sowohl ökologische als auch sozial hohe Standards vorschreiben. Der Import von Gütern in die EU, die diese Standards verletzen, muss grundsätzlich verboten werden und auf alle Unternehmen ausgedehnt werden, die der Pflicht zur Finanzberichterstattung unterworfen sind. Die Beweislast muss beim Unternehmen liegen, um nachzuweisen, ob es verantwortlich gehandelt hat oder nicht.
•    Neben der Einfuhr von Rohstoffen, Energieträgern, Textil- und Nahrungsmitteln müssen auch Finanzprodukte in dieses Lieferkettengesetz mit einbezogen werden. Der internationale Finanzmarkt entzieht sich bisher der unmittelbaren Kontrolle. Finanzgeschäfte auf OTC-Basis müssen über Terminbörsen abgewickelt werden und in ihrer Transaktionskette überprüft werden.(3)
•    Für eine gerechtere weltweite Wohlstandsverteilung soll die EU Zuschüsse an regionale Sozialsysteme in den Ländern des globalen Südens zahlen, die die Bildungs- und Gesundheitssysteme, die Verkleinerung des ökologischen Fußabdrucks und eine nachhaltige regionale Landwirtschaft und Aufforstung unterstützen (nach Earth4All-Modell).
•    Verbot der preistreibenden Spekulation mit Agrarrohstoffen. Wirksame Kontrolle durch eine Aufsichtsbehörde, die auch präventiv eingreifen soll.

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(3) OTC-Handel: Große Finanzgeschäfte werden zwischen Banken direkt innerhalb bestimmter Kreditlinien abgewickelt. 90 % aller Derivate werden so gehandelt. Im Börsenhandel werden dagegen Sicherheiten entsprechend dem Risiko verlangt. An Börsen gibt es täglich amtlich festgestellte Preise, mit denen das Geschäftsvolumen, Gewinne und Verluste ermittelt werden. Bei OTC-Geschäften ist dies nicht bekannt.

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