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Persönlicher Kommentar

War 2015 ein Jahr des materiellen Elends?

Bernhard Suttner

Die angeblich so wichtige Messzahl Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist trotz ihrer Fragwürdigkeit manchmal doch ganz interessant: Wir müssen uns ja nach Einschätzung aller Institute und Ministerien auf die größte Rezession der Nachkriegsgeschichte einstellen. Das BIP wird fallen – um 5%; womöglich um 7% oder gar noch tiefer?

Ich habe mal nachgeschaut, was ein „extremer“ Rückgang des BIP um 10% bedeuten würde: Im Jahre 2019 hatten wir ein pro Kopf-BIP in Deutschland von 41 300.- Euro. Ein Rückgang von 10% würde also bedeuten, dass die Wirtschaftsleistung pro Person um 4130.- Euro zurückgeht und dann nur noch 37 170.- Euro betragen würde. Achtung: Genau so hoch war das BIP im Jahre 2015! Ich frage mich: Lebten wir hier in Deutschland vor 5 Jahren im materiellen Elend? Um das BIP des Jahres 2000 (25 900.- Euro) zu „erreichen“, bräuchte es gar eine Rezession von sage und schreibe 37,5%! Ich erinnere mich, dass auch vor 20 Jahren in Deutschland ein gewisser Lebensstandard herrschte…

Wir hatten auch damals Probleme mit der Verteilungsungerechtigkeit beim gesellschaftlichen Reichtum – keine Frage. Aber im Elend lebten wir nicht. Deshalb ist das Wort „Rezession“ oder „Rückgang des BIP“ kein unmittelbar aussagekräftiger Alarmruf. Es gibt kein Naturrecht auf stetig steigende Zuwächse. Es gibt aber ein ethisches Gesetz, allen das Notwendige zu verschaffen. Und das muss auch gelingen, wenn die „gewohnten“ Steigerungsraten phasenweise oder dauerhaft ausfallen. 

Autor/in:
Bernhard G. Suttner
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