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Persönlicher Kommentar

Wer eine andere Politik will, muss anders wählen (können)! Die Wiederholungswahl in Berlin

Die Wiederholungswahl in Berlin im Februar 2023 – wie sehr hatten wir als ÖDP uns gewünscht, dass sie im Ergebnis wenigstens positive Tendenzen aufzeigen würde! Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Das schlechte Ergebnis für die ÖDP ist bitter, vor allem, weil viel Energie in diesen Wahlkampf gesteckt wurde. (Die Ergebnisse im Detail)

Auch wenn man die individuelle ÖDP-Perspektive verlässt und insgesamt auf das Ergebnis schaut, sieht es nicht besser aus: Fast 40 Prozent der Wahlberechtigten haben nicht mit abgestimmt. Politikverdrossenheit ist also der eigentliche Wahlsieger. Und auch die Zuwächse für die CDU, die mit 28% der abgegebenen Stimmen den künftigen Bürgermeister stellen möchte und eine Koalition mit der SPD als Juniorpartner anstrebt, stimmen nicht gerade positiv. Ihr Spitzenkandidat zog mit Slogans wie „Berlin: Lass dir das Auto nicht verbieten!“ in den Wahlkampf und fällt nach der Wahl vor allem durch die Forderungen nach einem Ausbau der innerstädtischen Autobahn sowie der Bebauung des Tempelhofer Feldes auf.

Ob alle Menschen, die die CDU gewählt haben, diese Inhalte wirklich wollen? Bei der Wahl hat sich vor allem Frust über die inkompetente Landesregierung entladen. Ein Blick in die Zahlen zeigt, dass praktisch alle kleinen Parteien im Vergleich zu 2021 Stimmen verloren haben. Unsere Hoffnung, dass sich viele enttäuschte Grüne nach einer anderen politischen Heimat umschauen würden, hat sich nicht erfüllt.

Wer eine andere Politik will, muss anders wählen! Das bleibt – auch bei enttäuschenden Wahlergebnissen – wahr. Und anders wählen können Menschen nur, wenn es auch andere Wahloptionen gibt. Deshalb ist unser Engagement wichtig und wir als ÖDP dürfen nicht aufhören, uns für das einzusetzen, was politisch dringend notwendig ist: eine echte ökologische Politik, korruptionsfrei und gemeinwohlorientiert!

Aber wir müssen auch besser werden: wirkungsvoller und sichtbarer. Das geht auch außerhalb des Parlaments, wie die ÖDP in anderen Teilen Deutschlands durchaus zeigt. Durch gute Initiativen vor Ort, durch Kooperationen mit Bürgerinitiativen oder die Nutzung von Unterschriftenaktionen als Mittel der politischen Arbeit. Das wollen wir auch in Berlin verstärkt nutzen.

Aber es gilt darüber hinaus: Wer eine andere Politik will, muss anders wählen können! Wir brauchen dringend eine Änderung des Wahlrechts für faire Startchancen aller Parteien. Die Benachteiligung der „Kleinen“ durch den Ausschluss von der Wahlkampfkostenerstattung und durch die 5%-Hürde spielen eine große Rolle. Sie machen es uns schwer, Wähler und Wählerinnen zu gewinnen, weil diese oft das Gefühl haben, ihre Stimme zu verschenken. Das Ergebnis ist: Im Parlament sitzen immer dieselben Parteien, echte Veränderung und Innovation gibt es nicht. Das verstärkt den Frust in der Bevölkerung und schwächt im Ergebnis die Demokratie.

Gemeinsam mit dem Verein „Mehr Demokratie e.V.“ haben wir aus dem Berliner Landesverband heraus im vergangenen Jahr einen Fachkongress zum Thema Ersatzstimme/Dualwahl organisiert (www.wahlrechtstagung.de). Die 5%-Hürde abzuschaffen ist derzeit auf Bundes- oder Landesebene nicht in Sicht. Aber die Einführung einer Ersatzstimme wäre leicht umzusetzen. Gemeint ist damit die Möglichkeit, seine Lieblingspartei zu wählen und zusätzlich auf dem Stimmzettel zu markieren, welcher Partei die Stimme zugerechnet werden soll, falls die erstgewählte Partei den Einzug ins Parlament verfehlen sollte.

Für die Einführung eines solchen Wahlsystems läuft derzeit eine Unterschriftenaktion von „Mehr Demokratie e.V.“.

Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit. Sie lebt durch Vielfalt und durch Wettbewerb der Ideen. Dieser Wettbewerb muss fair gestaltet sein. Lassen Sie uns das einfordern. Wirksam und sichtbar!

Dr. Andrea Brieger
Landesvorsitzende ÖDP Berlin

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